Tokophobie
Eigentlich ist eine Schwangerschaft kein Grund zur Panik, dennoch macht der Gedanke an einer Schwangerschaft und die Geburt einigen Frauen Angst. Ein Gefühl von Respekt sind während der Schwangerschaft absolut verständlich. Eine in ihrem Ausmaß oft unterschätzte Erkrankung ist jedoch die Schwangerschaftsphobie, die mit panischen Angstgefühlen einhergeht und bislang ein Tabuthema ist.
Wir klären im Artikel über die Angst vor der Tokophobie auf und geben Tipps wie die Angst vor der Schwangerschaft und der Geburt gelindert werden kann.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 13. September 2022
Startseite » Phobien » Tokophobie (Angst vor Schwangerschaft)
Mit dem Begriff Tokophobie (Gravidophobie genannt) bezeichnen Mediziner eine krankhafte und oft panische Angst vor Schwangerschaft und Geburt.
Die Symptome bei einer Gravidophobie (Tokophobie) sind sehr unterschiedlich und äußern sich in Form von Bluthochdruck, Schweißausbrüchen, Verspannungen, psychosomatischen Kopfschmerzen, Atemproblemen und Panikattacken.
In harmlosen Fällen bleibt es bei einer schwächeren Symptomen, welche sich in Form von Unwohlsein, ständigen Rückfragen, Schlafstörungen, Einschlafproblemen und einer inneren Unruhe zeigt.
Die Gründe für eine Schwangerschaftsphobie (auch Gravidophobie oder Tokophobie genannt) sind sehr unterschiedlich. In vielen Fällen liegen tiefere psychologische Probleme oder traumatische Erlebnisse der Angst zugrunde.
Besonders schlechte Erfahrungen im engeren Freundeskreis können die eigenen Ängste vor der Schwangerschaft verstärken. Berichte von Fehlgeburten oder einem plötzlichen Kindstod, werden häufig ins Unterbewusstsein gespeichert und können in manchen Fällen zu einer Angststörung führen.

Schwangerschaftsphobie
Die Schwangerschaftsphobie nennt sich auch „Tokophobie„, was sich aus den griechischen Wörtern für Schwangerschaft (toko) und Angst (phobos) ableiten lässt.
Betroffene Frauen haben dabei nicht nur vor einer Schwangerschaft, sondern auch vor der Geburt und dem Muttersein eine teils massive Angst. Dabei handelt es sich um mehr als nur eine Angst vor möglichen Schwangerschaftsbeschwerden oder dem Geburtsschmerz.
Schlimmstenfalls führt diese Angst dazu, dass betroffene Frauen sich selbst Schaden zufügen (z. B. Schläge in den Unterleib, Alkohol- oder Drogenkonsum).
In der Psychiatrischen Klinik Queen Elizabeth wurde im Jahr 2000 eine Studie mit 1200 Schwangeren durchgeführt, bei der sich zeigte, dass jede sechste Frau unter einer Angststörung im Zusammenhang mit Schwangerschaft und/oder Geburt litt.1Tokophobia: an unreasoning dread of childbirth. A series of 26 cases | doi.org
Formen der Gravidophobie
Es ist absolut natürlich und nachvollziehbar, wenn gerade Erstgebärende einen gewissen Respekt und etwas Angst vor der Geburt haben. Sobald diese Angst zur Krankheit wird, unterscheidet die Medizin drei Formen:
Bei dieser Form handelt es sich um eine lebenslang bestehende Angststörung, der kein bestimmter Auslöser zugrunde liegt. Entstehen kann die Phobie durch Angst vor Geburtskomplikationen, Zweifel am Muttersein oder durch Angst vor Behandlungsfehlern.
Ein traumatisches Erlebnis (z. B. eine schwierige Geburt) ist häufig Auslöser für diese Form der Schwangerschaftsangst. Auch traumatische Kindheitserinnerungen können als Ursache in Frage kommen.
In einigen Fällen kann aus dem bekannten Baby Blues eine Depression entstehen. Aus dieser wiederum kann sich eine Schwangerschaftsangst entwickeln.
Angst oder Phobie?
Eine allgemeingültige Bewertung bestimmter Schwangerschaftsängste ist in der Psychologie kaum möglich. Daher ist es schwierig, eine normale Angst von einer Phobie abzugrenzen. Die Übergänge sind mitunter fließend, zudem können Ängste ab- oder zunehmen.
Der wohl entscheidendste Unterschied zeigt sich darin, wie die Betroffene mit der Angst umgeht. Lässt sich eine Frau trotz gewisser Ängste nicht von einer Schwangerschaft abhalten und geht sie die Ängste mit Hilfe eines Arztes oder einer Hebamme an, dann können diese Ängste als normal eingestuft werden.
Leidet die Betroffene hingegen dauerhaft unter der Angst und tut alles dafür, nicht schwanger zu werden (z. B. dauerhafte Einnahme von Verhütungsmitteln, Sterilisation schon in jungen Jahren), ist die Angst krankhaft.

Gründe für die Angst in der Schwangerschaft
Die Gründe für Sorgen und Ängste können sehr unterschiedlich sein. Gerade eigene Kinder sind ein recht komplexes Thema und oft wird das Mutterwerden oder Muttersein mit negativen Dingen verknüpft.
Traumatische Erfahrungen
Traumatische Erfahrungen sind vor allem für die sekundäre Form der Angststörung ursächlich. Sie entwickeln sich in der Schwangerschaft und bei der Geburt des ersten Kindes. Gab es schwere Komplikationen während der Schwangerschaft oder Geburt, kann ein Trauma die Folge sein. Ängste zeigen sich dann erst, wenn sich Betroffene ein weiteres Kind wünschen und vor möglichen Komplikationen eine enorme Angst haben. Auch ein sexuelles Trauma wie Missbrauch in der Kindheit kann Ängste auslösen, führt dann aber zur primären Form der Schwangerschaftsangst.
Schwangerschaft wird als etwas "Schlechtes" gesehen
Erfahren Frauen bereits im Kindesalter durch Berichte ihrer eigenen Mütter oder anderer Frauen von schlimmen oder bedrohlichen Ereignissen im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt, können diese so prägend sein, dass die primäre Schwangerschaftsphobie entsteht. Ein weiteres, eher gesellschaftliches Problem: für viele Menschen passt Elternschaft scheinbar kaum noch in den Zeitgeist. Frauen verlieren nicht selten den Mut, wenn ihnen vermittelt wird, dass Kinder nicht nur den Körper, sondern auch die Karriere "ruinieren".
Psychische Probleme
Schwangerschafts- und Geburtsangst kann zudem ein Symptom für andere psychische Probleme (z. B. generelle Angst- und Zwangsstörungen) sein. Mit einem Kind gehen immerhin große Veränderungen einher. Vieles lässt sich nicht vorausplanen und mitunter muss auch mal die Kontrolle "abgegeben" werden. Bei Frauen, die ohnehin unter psychischen Problemen leiden, kann eine Schwangerschaft das empfindliche Gleichgewicht zusätzlich stören.

Anzeichen der Schwangerschaftsphobie
Während der Schwangerschaft sind Bedenken, Sorgen und eine gewisse Angst davor, ob man der neuen Aufgabe tatsächlich gewachsen ist, keine Seltenheit.
Sorgt die Angst allerdings für so starke Einschränkungen, dass eine Schwangerschaft nicht nur vermieden, sondern sogar frühzeitig beendet wird, könnte es sich um eine Phobie handeln. Die Symptome ähneln dabei denen anderer Angststörungen.
- Ständige innere Unruhe
- Massive Schlafstörungen
- Einschlafprobleme aufgrund Gedanken
- Bluthochdruck
- Schweißausbrüche
- Verspannungen
- Atemprobleme
- Herzrasen
- Panikattacken
Ängste während der Schwangerschaft
Im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft können Frauen von ganz unterschiedlichen – oft normalen – Ängsten geplagt werden.
Vor allem ältere Frauen haben sie: die Angst, ein krankes oder behindertes Kind zur Welt zu bringen. Eigentlich ist sie aber unbegründet, denn die meisten Kinder kommen kerngesund zur Welt. Außerdem gibt es inzwischen sehr gute frühdiagnostische Methoden und somit erste orientierende Untersuchungen zur kindlichen Gesundheit.
Die klare Antwort: Nein. Mit Schmerzen im Bauch geht während der Schwangerschaft oft eine gewisse Panik einher. Werdende Mütter fragen sich dann, ob diese gefährlich sind. Doch keine Sorge. Die Schmerzen sind normal und weder für Baby noch Mutter gefährlich. Sie entstehen durch die sich ausdehnende Gebärmutter. Hebamme und Frauenarzt können beratend zur Seite stehen und erklären, auf welche Warnsignale werdende Mütter achten sollten.
Eine Geburt ohne Schmerzen gibt es nicht. Das steht fest. Gründliche Vorsorge, Schwangerschaftsgymnastik, Atemübungen und eine vertraute Person während der Geburt können diese jedoch erträglicher machen. Bei Ängsten kann auch ein Kaiserschnitt durchgeführt werden. Und obwohl eine Geburt kein Spaziergang ist, haben schon viele Frauen diesen Weg geschafft.
Diese Frage sollten sich Frauen eigentlich nicht stellen, denn ihr Körper vollbringt etwas Wundervolles. Dennoch wird sie gestellt. Angeblich soll es Frauen geben, deren Körper nach Schwangerschaft und Geburt genauso straff wie vorher aussieht. Ist es nicht so, sollten Frauen sich nicht schlecht fühlen. Schwangerschaft und Geburt sind Schwerstarbeit. Nach der Geburt sollten Dingen wie Dehnungsstreifen keine Bedeutung geschenkt werden.
Viele Frauen haben große Angst, eine schlechte Mutter zu sein oder die Verantwortung nicht stemmen zu können. Wichtig zu wissen: es gibt keine perfekte Mutter. Es gibt auch kein Patentrezept für das optimale Funktionieren einer Familie. Erst nach der Geburt finden sich Frauen in ihrer Rolle als Mutter ein. Der Vater sowie Familie und Freunde können sie dabei unterstützen.

Tipps gegen Ängste in der Schwangerschaft
Ob eine Frau ein Kind bekommen möchte, liegt in ihrer eigenen Entscheidung. Besteht der Kinderwunsch trotz Angststörung, ist jedoch meist professionelle Hilfe erforderlich.
Eine psychotherapeutische Behandlung ist in Extremfällen ratsam, denn es ist wichtig, über die Probleme zu sprechen.
Frauen sollten sich außerdem ihrem Partner anvertrauen, auch Familie und Freunde sowie Hebamme und Gynäkologe können zu Vertrauenspersonen werden.
Ängste überwinden
Die Schwangerschaftsangst können Frauen bei bestehendem Kinderwunsch durchaus überwinden. Neben Vertrauenspersonen im familiären Umfeld oder aus dem Freundeskreis, der Hebamme, dem Gynäkologen oder einem Psychotherapeuten beschäftigen sich auch Frauengesundheitszentren mit dem Thema und bieten Hilfestellung.
Ganz wichtig ist, das Tabu zu brechen und darüber zu reden. Hilfe bei Ängsten vor oder während der Schwangerschaft finden Frauen unter anderem auch beim Deutschen Hebammen-Verband2Hebammen Verband Informationen für Eltern | hebammenverband.de
, bei Schatten & Licht e. V. 3Schatten & Licht e.V. | schatten-und-licht.de
sowie bei der Deutschen Gesellschaft für psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e. V. 4Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe DGPFG e.V. | dgpfg.de
Selbsthilfe
Einige Frauen können auch selbst etwas tun, um ihre Schwangerschaftsangst zu überwinden. Folgende Übungen und Methoden können helfen:
Übungen zur Entspannung der Muskeln können körperliche Beschwerden wie Verspannungen oder Panikattacken verhindern. Denn nicht selten sind es angespannte Muskeln, die einem die Energie und Lebensfreude oft unbemerkt rauben.
Ängste haben oft einen tiefen und emotionalen Hintergrund. An diesem Punkt setzen psychosomatische Übungen an. Schwangerschaftsgymnastik sowie Gespräche mit der Hebamme können helfen, Ängste aufzulösen.
Bei extremen körperlichen Beschwerden kann – wenn keine Angst vor Nadeln besteht – Akupunktur hilfreich sein. Die Nadeln auf der Haut können dazu beitragen, den Kreislauf aus Angst und Schmerz zu durchbrechen.
Manchmal kann ein Gespräch mit Gleichgesinnten wahre Wunder vollbringen. Selbsthilfegruppen sind wichtige Anlaufstellen, um über Ängste und Erfahrungen zu sprechen.
Professionelle Hilfe
Sie leiden unter starker Schwangerschaftsangst? Dann scheuen Sie sich nicht, dieses Problem mit professioneller Hilfe anzugehen.
Sie können z.B. über die Jameda-Suche einen passenden Psychologen in Ihrer Nähe finden.
Quellen:
- Tokophobia: an unreasoning dread of childbirth. A series of 26 cases | doi.org
- Hebammen Verband Informationen für Eltern | hebammenverband.de
- Schatten & Licht e.V. | schatten-und-licht.de
- Deutsche Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe DGPFG e.V. | dgpfg.de
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann