Tipps für Ärzte

Der richtige Umgang mit Angstpatienten

Es ist eine der wichtigsten Fähigkeiten eines Arztes oder einer Ärztin, sich in die Patienten hineinzuversetzen. Doch wie gehst Du am besten vor, wenn Du einen Angstpatienten vor Dir hast, der möglicherweise sogar eine Phobie vor dem Gespräch oder der Behandlung hat? Hier sind einige Tipps und Handlungsempfehlungen, wie Du als Arzt diese Patienten am besten unterstützen kannst.

Übersicht:
    Add a header to begin generating the table of contents
    Häufige Fragen:

    Unabhängig davon, ob Du als Patient an einer diagnostizierten Angststörung leidest, sollte der Arzt immer einen respektvollen Umgang auf Augenhöhe pflegen. Es ist wichtig, dass der Arzt sich in Deine Situation hineinversetzen kann. Ein ruhiges und für Laien verständliches Gespräch ist empfehlenswert. Du solltest die Möglichkeit haben, während des Gesprächs Notizen zu machen und genügend Zeit für Rückfragen zu haben.

    Ob ein Patient Angst vor dem Arztbesuch hat, lässt sich oft durch Anzeichen von Nervosität oder Unwohlsein erkennen. Es ist hilfreich, wenn auf dem Anmeldebogen nach einer Einschätzung der Angst oder des Schamgefühls gefragt wird.

    Gib dem Patienten das Gefühl, ernst genommen zu werden. Redewendungen wie „So schlimm ist das doch nicht“ sind selten hilfreich. Besser ist es, konkret nach den Ursachen der Angst zu fragen und Sicherheit auszustrahlen. Du solltest dem Patienten zuhören und jeden einzelnen Schritt in verständlicher Sprache beschreiben. In manchen Fällen kann ein wenig Humor die Stimmung aufbessern und Ängste minimieren. Bei Zahnärzten werden Angstpatienten beispielsweise mittels Videobildschirmen oder Small Talk von der Behandlung abgelenkt.

    angstpatienten-arztphobie-tipps-aerzte

    Allgemeine Tipps

    Tipps für die Behandlung von Angstpatienten

    Wenn Du als Person an einer Arztphobie leidest und den Gang zum Arzt womöglich lange vermieden hast, erfordert dies ein besonderes Maß an Aufmerksamkeit und Einfühlungsvermögen vonseiten des Arztes.

    Die Angst vor negativen Nachrichten oder Kontrollverlust kann viele Patienten vor dem Arztbesuch zurückschrecken lassen. Indem Dir der Arzt in Ruhe erklärt, wie die Untersuchung abläuft und die jeweiligen Untersuchungsschritte ankündigt, vermittelt er Dir ein Gefühl von Sicherheit. Es ist wichtig, dass Deine Ängste und Sorgen immer ernst genommen werden, nur so wirst Du auch Vertrauen zum Arzt fassen.

    Bei einem unerfreulichen Befund ist es wichtig, dass der Arzt sachlich bleibt und konkrete Lösungen in verständlicher Sprache und mit einem Gefühl von Sicherheit vorschlägt.

    Hilfreiche Tipps:

    Freundliches Wartezimmer

    Eine angenehme Atmosphäre im Wartezimmer wirkt der Angst Deiner Patienten effektiv entgegen. Ein heller, freundlich gestalteter Raum mit Ablenkungsmöglichkeiten in Form von Musik, TV-Unterhaltung oder Lesematerial sorgt dafür, dass sich der Gemütszustand Deiner Patienten verbessert. Angenehme Gerüche können zusätzlich dabei helfen, Aufregung und Angst zu senken. Bequeme Sitzmöglichkeiten tragen ebenfalls zur Stimmungsverbesserung bei.

    Kurze Wartezeiten

    Es ist nicht immer einfach, aber sehr effektiv, Angstpatienten so kurz wie möglich warten zu lassen. In Extremfällen steigt das Risiko, dass die Aufregung überwiegt und der Patient die Praxis vorzeitig und ohne Behandlung verlässt.

    Separates Beratungszimmer

    Für manche Patienten ist die direkte Konfrontation mit dem Behandlungszimmer eine Quelle der Angst. Ein separates Beratungszimmer kann als erste Station dienen, um den Patienten langsam an das Behandlungszimmer heranzuführen. Nutze diese Zeit, um mit dem Patienten ausführlicher ins Gespräch zu kommen und ihm zu erklären, was genau auf ihn zukommt.

    Gehe jeden einzelnen Behandlungsschritt durch und schätze ab, wie lange der Eingriff dauern wird. Dies hilft dem Patienten, Vertrauen zu fassen und ein Gefühl der Kontrolle über den Eingriff zu erlangen. Nimm Dir Zeit, um auf die Fragen und Nöte Deines Patienten ausführlich einzugehen.

    Sicherheit vermitteln

    Jeder Eingriff bringt gewisse Risiken mit sich. Du bist verpflichtet, Deine Patienten über diese Risiken aufzuklären. Bei Angstpatienten kann dies heikel sein. Relativiere die Risiken, indem Du ihre Seltenheit betonst und dem Patienten ein Gefühl von Sicherheit vermittelst. Zeige immer Verständnis für die Angst des Patienten und frage gezielt nach, woher diese kommt.

    Notizen ermöglichen

    Ermögliche es Deinen Patienten, sich Notizen zu machen, und achte darauf, dass diese korrekt verfasst werden. Einige Patienten haben Angst, sich nicht alle Details merken zu können. Durch Notizen über die Diagnostik und Behandlung kann dies verhindert werden. Du kannst auch vorschlagen, das Gespräch mit einem Smartphone aufzunehmen.

    Wortwahl anpassen

    Passe Deine Wortwahl an den Patienten an und vermeide zu viele Fachbegriffe. Wenn Verwirrung erkennbar ist, versuche, andere Wörter oder verständliche Beispiele zu nutzen. Durch verständliche Erklärungen kannst Du dem Patienten die Angst vor Unwissenheit nehmen.

    Rückfragen beantworten

    Ein Gespräch auf Augenhöhe wird auch durch Rückfragen und möglichst wenig Zeitdruck vermittelt. Gib Deinen Patienten Zeit, über mögliche Fragen nachzudenken. Nimm Dir Zeit, um auf Rückfragen ausführlich einzugehen. Die Fragen und Antworten können von den Patienten auch niedergeschrieben werden, damit diese nicht in Vergessenheit geraten.

    Positiver Zuspruch

    Positive Zusprüche können Deinen Angstpatienten Mut und gute Gefühle vermitteln. Lob dafür, dass der Patient den Termin wahrgenommen hat, macht eine Wiederholung wahrscheinlicher. Vermittle Deinen Patienten durch positives Feedback, dass sie die richtige Entscheidung getroffen haben.

    Tipps für Zahnärzte

    Tipps für die Behandlung von Angstpatienten bei Zahnärzten

    Am weitesten ist die Angst vor dem Zahnarzt verbreitet, da hier die Angst vor Schmerzen am größten ist. Außerdem fühlen sich viele durch die liegende Position besonders ausgeliefert.

    Besonders scharfe oder spitze Gegenstände lösen bei einigen Patienten Panik aus. Hier ist ein entsprechend feinfühliges Vorgehen erforderlich, bei dem die zahnmedizinischen Instrumente nicht direkt vor die Augen des Patienten gehalten, sondern vom Kinn her in den Mund geführt werden.

    Die meisten Zahnärzte haben sich mittlerweile auf die Behandlung von Angstpatienten spezialisiert und kenne sich mit der Thematik besonders gut aus. 

    Vermeide Floskeln wie „Es wird schon nicht wehtun“. Da jeder Patient ein unterschiedliches Schmerzempfinden hat, könnte dieser Satz ein Versprechen darstellen, das Du möglicherweise nicht einhalten kannst. Es könnte auch sein, dass der Patient diesen Satz schon von anderen Ärzten gehört hat und damit schlechte Erfahrungen verbindet. Stattdessen kannst Du auf die häufige Durchführung und die damit verbundene Sicherheit der Behandlung hinweisen.

    Ablenkung durch Small Talk

    Sanfte Kommunikation und etwas Small Talk während der Behandlung können einen Angstpatienten beruhigen. Verzichte auf häufige Fragen, da während einer Zahnbehandlung nur schwer geantwortet werden kann. Erzähle stattdessen etwas Auflockerndes.

    Ablenkung durch Videobildschirmen

    Viele Zahnarztpraxen haben Videobildschirme im Behandlungsraum. Diese sind oft so angebracht, dass sich der Patient damit ablenken kann. Achte darauf, dass Du die Bildschirme nicht unbeabsichtigt abdeckst oder ausschaltest.

    Sanftes Händchen

    Selbst kleinste Eingriffe, wie eine Zahnreinigung, können für Angstpatienten unangenehm oder schmerzhaft sein. Es ist ratsam, ein besonders sanftes Händchen zu zeigen und auf Reaktionen wie Zukneifen der Augen oder Zucken entsprechend zu reagieren. Diese unangenehmen Reaktionen sollten so gut wie möglich vermieden werden.

    Tipps für Kardiologen

    Tipps für die Behandlung von Angstpatienten bei Kardiologen

    Eine Herzerkrankung zu diagnostizieren, kann bei vielen Patienten zu dem Gefühl führen, es handle sich um eine lebensbedrohliche Situation. Daher ist es verständlich, dass einige Patienten Angst vor einer solchen Diagnose haben. Diese Angst vor dem Kardiologen ist kein unbekanntes Phänomen.

    Verdrängung und Vermeidung sind oft die Reaktionen auf diese Angst. Infolgedessen werden notwendige Arztbesuche vermieden, was sich nachteilig auf die Gesundheit des Patienten auswirken kann.

    Für Patienten, die in der Vergangenheit bereits eine schwerwiegende Diagnose erhalten haben, kann der Besuch beim Kardiologen durch diese negative Erfahrung besonders angstbesetzt sein.

    Als Kardiologe kannst Du die Panik des Patienten lindern, indem Du die Diagnose sachlich und ohne zu dramatisieren erklärst und gleichzeitig die Behandlungsmethoden vorstellst. Sobald der Patient merkt, dass er in guten Händen ist und es Lösungswege gibt, wird sich seine Angst verringern. Die oben genannten Tipps, wie verständliche Wortwahl, ausreichend Zeit für Rückfragen und die Möglichkeit für den Patienten, Notizen zu machen, sind dabei besonders hilfreich.

    Aufregung reduzieren

    Bei der Blutdruckmessung solltest Du die Aufregung des Patienten durch wiederholte Messungen reduzieren. Ablenkung durch Small Talk oder Videobildschirme kann dabei helfen, die Aufregung zu mindern.

    Schamgefühl beim Belastungs-EKG verringern

    Manche Patienten empfinden beim Belastungs-EKG ein erhöhtes Schamgefühl und möchten diese Untersuchung daher vermeiden. Du kannst dem Patienten entgegenkommen, indem Du mit so wenig Beobachtung wie möglich agierst. Vermeide Blicke durch das Fenster oder ins Wartezimmer, da sich Patienten sonst noch stärker beobachtet fühlen könnten.

    Tipps für Urologen

    Behandlung von Angstpatienten in der Urologie

    Der Besuch beim Urologen ist für viele Männer mit viel Scham verbunden. Die Sorge, sich nackt zeigen zu müssen und sich somit dem urteilenden Blick des behandelnden Arztes auszuliefern, kann oft für Unwohlsein sorgen. Auch der Gedanke an eine ungewollte Erektion, die beispielsweise bei einer Prostatauntersuchung auftreten kann, verursacht bei Männern unangenehme Gefühle.

    Lockerer Humor

    Die Angst vor Urologen ist häufig mit Nacktheit und Schamgefühlen verbunden, seltener mit Schmerzen oder schlechten Nachrichten. Ein lockerer Humor kann hier hilfreich sein, um eine sachliche, ruhige Aufklärung zu bieten und die Stimmung des verängstigten Patienten zu verbessern.

    Tipps für Gynäkologen

    Behandlung von Angstpatienten in der Gynäkologie

    Der Besuch beim Gynäkologen kann bei vielen Frauen bereits Wochen vor dem Termin ein mulmiges Gefühl auslösen. Den Geschlechtsorganen haftet oft ein gesellschaftliches Tabu an, was zu starkem Schamgefühl führen kann.

    Besonders der erste Besuch beim Gynäkologen ist häufig mit Sorgen und Vorurteilen verbunden. Gynäkologen sollten daher bedenken, dass die Patientin auf dem gynäkologischen Stuhl nicht sehen kann, was genau mit ihr geschieht.

    Untersuchungsschritte ankündigen

    Vor allem der erste Besuch beim Gynäkologen ist mit vielen Sorgen und Vorurteilen behaftet. Gynäkologen sollten stets bedenken, dass die Patientin vom gynäkologischen Stuhl aus nicht sehen kann, was mit ihr genau passiert. Daher kann es hilfreich sein, Untersuchungsschritte vorher anzukündigen und der Patientin genau zu erklären, was auf sie zukommt und welche medizinischen Instrumente zum Einsatz kommen. Die Kommunikation sorgt auch für Ablenkung.

    Warum haben Patienten Angst?

    Hintergründe einer Arztphobie verstehen...

    Die Ursachen für eine Arztphobie können vielfältig sein. Häufig sind es negative oder gar traumatische Erlebnisse, die eine Angststörung auslösen können. 

    Häufige Gründe sind:

    Auch die persönliche Veranlagung, zum Beispiel individuelle Besonderheiten im Bereich des Hirnstoffwechsels, spielt eine Rolle. Phobien können sich durch die Erziehung festigen.

    Übermäßig besorgte Angehörige können Ängste zusätzlich verstärken. Auch ein erhöhtes Schamgefühl führt oft zur Verzögerung des Arztbesuchs.

    In Bezug auf Arztbesuche ist die Vorstellungskraft nicht zu unterschätzen: Viele Patienten, die Angst vor dem Arztbesuch haben, hatten bereits mindestens eine schmerzhafte Behandlung oder einen unerfreulichen Befund erlebt. Dieses Erlebnis bleibt im Gedächtnis und wird wieder hervorgerufen, wenn ein erneuter Arztbesuch ansteht.

    Angstpatienten erkennen

    Wie erkenne ich einen Angstpatienten?

    Ob jemand ein Angstpatient ist und wie stark die Angst ausgeprägt ist, lässt sich nicht immer direkt erkennen.

    Häufige Anzeichen sind:

    In extremen Fällen können zum Beispiel eine zittrige Stimme, Schweißausbrüche oder fahrige Bewegungen ein Indikator für die Angst sein.

    Die einfachste Methode, um festzustellen, ob es sich um einen Angstpatienten handelt, ist die direkte Nachfrage. Überrumple Deine Patienten jedoch nicht mit dieser Frage. Frage einleitend, ob es das erste Mal ist, dass der Patient die Behandlung bekommt und ob er oder sie aufgeregt ist. So erhältst Du einen direkten Eindruck der Gefühlslage des Patienten.

    Fragestellung im Fragebogen

    Eine weitere Möglichkeit, die Ausprägung der Angst bei einem Patienten festzustellen, ist die Fragestellung auf dem Anamnese- oder Anmeldebogen. Eine visuelle Analogskala, auf der der Patient den Grad seiner Angst markieren muss, kann hilfreich sein. Auch eine Frage mit Antwortmöglichkeiten zum Ankreuzen kann dem Patienten helfen, seine Angst zu veranschaulichen. Dies ist besonders nützlich, wenn der Patient zu schüchtern ist, offen über seine Ängste oder Schamgefühle zu sprechen.

    Manche Patienten trauen sich aus Scham nicht, Fragen nach ihrer Angst wahrheitsgemäß zu beantworten. Daher solltest Du immer Deinen persönlichen Eindruck und den des Praxispersonals in die Einschätzung des Patienten miteinbeziehen.

    Hilfe für Patienten

    Um Patienten dabei zu helfen, ihre Angst vor dem Arztbesuch zu überwinden, bieten wir einen hilfreichen Selbsthilfe-Ratgeber an. Du kannst unseren Artikel gerne an Deine Patienten weiterempfehlen.

    Übersicht:
      Add a header to begin generating the table of contents

      Beitrag gefallen? Jetzt teilen:

      Facebook
      Twitter
      LinkedIn
      WhatsApp
      Telegram
      Email
      Matthias Wiesmeier
      Matthias Wiesmeier

      Dieser Artikel wurde von Matthias Wiesmeier verfasst. Selbstständiger Schriftsteller und Webdesigner seit 2005. Fachbereiche: Gesundheit, Psychologie, Sport.

      Zum Profil
      Nach oben scrollen