Gymnophobie
Wer unter Gymnophobie leidet, hat Angst vor Nacktheit – entweder vor der eigenen Nacktheit oder vor anderen nackten Menschen. Diese spezifische Phobie ist etwas anderes als übertriebenes Schamgefühl, allerdings ist der Unterschied nicht immer sofort zu erkennen.
Die Angst vor Entblößung kann auch einen Arztbesuch einschränken, welcher mit Untersuchungen am nackten Körper zusammenhängt. Daher kann es wichtig sein die Angst besser kontrollieren zu können und im Idealfall komplett ablegen zu können. Wir klären über die Auslöser auf und geben Tipps zur Linderung.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 7. September 2022
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Bei Gymnophobie handelt es sich um eine übertriebene und länger andauernde Angst vor Nacktheit. Die Betroffenen sind sich meistens bewusst, dass ihre Angst übertrieben bzw. irrational ist. Dennoch können sie die Angst, dass sie selbst nackt sind oder andere Personen nackt sehen, nicht überwinden.
Die Angstsymptome der Gymnophobie zeigen sich typischerweise in einem beschleunigten Puls bis hin zu Herzrasen und in Schweißausbrüchen. Oft tritt bei den Betroffenen ein Vermeidungsverhalten auf: Beispielsweise gehen die Phobiker nicht in die Sauna oder halten Abstand zu FKK-Zonen.
Wenn die Angst vor Nacktheit in der Kindheit begründet ist, empfiehlt sich eine professionelle Therapie. Diese hilft den Betroffenen dabei, die Ursachen bewusst zu erkennen und die negativen Glaubenssätze zu überwinden. In weniger schweren Fällen kann eine maßvolle Beschäftigung mit Nacktheit hilfreich sein, die auch ohne Psychotherapie durchführbar ist.
Die Angst davor, selbst nackt zu sein, bringt die Betroffenen dazu, Arztterminen auszuweichen. Wer jedoch wichtige Untersuchungen aufschiebt oder ganz vermeidet, gefährdet seine Gesundheit. Regelmäßige Vorsorgetermine beim Gynäkologen oder Urologen sollten unbedingt wahrgenommen werden.

Ausprägungen der Gymnophobie
Jeder Mensch geht anders mit Nacktheit um. Einige schämen sich, andere haben regelrecht Angst davor, sich nackt zu zeigen – sei es in einer Gemeinschaftsdusche oder in Umkleideräumen. Manche Personen haben sogar dann Probleme, wenn sich nur noch ihr Partner im Raum befindet. Oder sie haben Angst, sich vor einem Arzt auszuziehen.
Die Gymnophobie kann die Angst vor Sex mit sich ziehen und so zu einer sexuellen Vermeidung führen. In Extremfällen haben die Betroffenen sogar Angst vor ihrer eigenen Nacktheit und vermeiden es, zu duschen. In anderen Fällen bezieht sich die Gymnophobie auf die Nacktheit von anderen Menschen.
Wer sich innerlich darauf vorbereitet, Nackten zu begegnen – beispielsweise, weil der Weg an einem FKK-Abschnitt vorbeiführt – erschreckt sich nicht so sehr. Wer hingegen sehr ängstlich ist, wird eine andere Strecke gehen. Je stärker die Angst ist, desto eher führt sie zum Vermeidungsverhalten.
Die Übergänge zwischen der Angst vor Nacktheit und einer körperlichen Scham sind nicht immer klar zu erkennen. Wenn die Betroffenen ein starkes Angstgefühl verspüren, ist dies ein deutlicher Hinweis für die Gymnophobie. Schamgefühle können sich ebenfalls in Vermeidung äußern, doch hier treten keine Angstsymptome auf.

Ursachen der Gymnophobie
Für die Gymnophobie kann es verschiedene Gründe geben. Die Angststörung entsteht beispielsweise durch eine Tabuisierung der Nacktheit in der Familie. Auch sexueller Missbrauch oder ein traumatisches Erlebnis mit Exhibitionismus kann die Ursache für Gymnophobie sein.
Bei Menschen mit einem sexuellen Trauma steigt die Gefahr einer Gymnophobie. Das hängt unter anderem damit zusammen, dass sie sich durch ihre Nacktheit sehr verletzlich fühlen.
Neben Demütigungen in der Jugend und auch später verschlimmert der Schönheitskult die Angst- und Schamgefühle. Wer seinen Körper gleich unter mehreren Kleidungsschichten verbirgt, fühlt sich ohne diesen Schutz angreifbar. Narben und andere Makel sollen nicht sichtbar sein. Das Problem ist: Was zu Beginn eine gewisse Scham ist, entwickelt sich womöglich zu einer ausgeprägten Angst vor Nacktheit.
Besonders schwierig wird das Leben, wenn die Angstpatienten zusätzlich unter einer sozialen Phobie leiden. Zu der Gymnophobie kommen oft weitere Ängste hinzu, beispielsweise die Angst vor Intimität und die Angst davor, verletzt zu werden.

Anzeichen & Symptome
Die folgenden Zeichen sind für diese Angsterkrankung typisch:
- Angstgefühle bei eigener und/oder fremder Nacktheit
- länger andauerndes Angsterlebnis
- Beeinträchtigungen des privaten und öffentlichen Lebens
- Unsicherheit beim Umgang mit dem Angstgefühl
- verstärktes Vermeidungsverhalten
- Angst auch in Situationen, in denen Nacktheit toleriert wird (Sauna, FKK-Strand)
Nackt sein vermeiden
Die Gymnophobie fällt im Alltagsleben nicht auf, denn im Allgemeinen ist es kein Problem, der Begegnung mit Nacktheit auszuweichen:
- Das Anprobieren von Kleidung findet nicht mehr in Umkleidekabinen statt, sondern in der eigenen Wohnung.
- Anstatt der Gemeinschaftsdusche im Sportstudio duschen die Betroffenen lieber zuhause.
- Vor dem Sex wird das Licht gelöscht.
- FKK-Strände werden weiträumig gemieden.
Die Vermeidung ist nicht schwierig, sie hilft jedoch nicht gegen die Angst vor Nacktheit, sondern kann sie noch verschlimmern. Oft wird die Liste der unerwünschten Situationen immer länger, wodurch sich die Lebensqualität rapide verschlechtert. Möglicherweise lässt die Körperhygiene irgendwann nach oder wichtige Arzttermine werden abgesagt. Spätestens dann ist der Zeitpunkt gekommen, zu handeln.
Wer sich seine Angstgefühle bewusst macht und in die Vergangenheit blickt, erfährt mehr über die ursprünglichen Auslöser der Gymnophobie. Mithilfe von beruhigenden Techniken lassen sich die ängstlichen Gedanken gezielt überwinden. Dafür ist allerdings ein behutsames und geduldiges Vorgehen nötig.
Klassische Angstsymptome
Wer bei Nacktheit ein starkes Schamgefühl verspürt, errötet schnell. Die Verlegenheit wird gerne mit Grimassen und witzigen Sprüchen überspielt. Die Angst lässt sich jedoch nicht in allen Fällen so leicht verbergen.
- Schweißausbrüche
- starkes Herzklopfen
- Atembeschwerden
- Zittern

Tipps gegen die Angst vor Nacktheit
Tipps zur Selbsthilfe bei Gymnophobie: Der Weg aus der Gymnophobie beginnt mit kleinen Schritten und Tipps für den Alltag.
- Angstgefühle bei eigener und/oder fremder Nacktheit
- Hat die Erziehung die Angstgefühle verursacht?
- Wie schlimm wäre es, wenn mich jemand nackt sieht?
- Wie unangenehm ist es für mich, wenn ich andere nackt sehe?
Die Überlegungen zu verschiedenen Szenarien helfen dabei, sich auf die angstauslösende Situation vorzubereiten.
- Wäre es wirklich dramatisch, wenn beim Umziehen nackte Haut sichtbar wird?
Mit der schrittweisen Annäherung an die Angst merken die Betroffenen, dass Nacktheit grundsätzlich nichts Schlimmes ist. Für erste Übungen bietet sich der kurze Weg vom Schlafzimmer ins Bad an: Wer alleine lebt, braucht keine Panik zu haben, dass er gesehen wird. Allerdings sollten sich die Angstpatienten nicht überfordern, sonst kommt es womöglich zu einer Verschlimmerung.
Familienmitglieder und Freunde können die Betroffenen bei ihrer Angstbewältigung unterstützen. Hier ist eine starke Vertrauensbasis wichtig, damit die Angstpatienten frei über ihre Gefühle sprechen können.
Wenn die Angst vor Nacktheit zu typischen Symptomen wie Schweißausbrüchen, beschleunigtem Herzschlag und Atemnot führt, können Entspannungstechniken zu einer Linderung führen. Gegen die Angstattacken helfen regelmäßige Achtsamkeits- und Yoga-Übungen. Auch autogenes Training, Muskelrelaxation und Atemübungen sorgen dafür, dass die Symptome abklingen. So können die Angstpatienten ihren Schreck besser abbauen, auch wenn die Begegnung mit Nacktheit überraschend kommt.
Therapeutische Hilfe
Die Psychotherapie hilft dabei, die eigenen Ängste und die Ursachen genauer zu ergründen. Wenn verinnerlichte Botschaften die Auslöser sind, können sich die Betroffenen mit therapeutischer Begleitung von diesen Glaubenssätzen distanzieren. Eine gezielte und behutsame Exposition dient dazu, die Angst vor Nacktheit allmählich zu bewältigen.
Wenn ein Trauma als Ursache identifiziert wird, erfolgt im Rahmen der Therapie eine systematische Auflösung. Diese lässt sich mit begleitenden Techniken auf die individuelle Situation anpassen. Bei der Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) erfolgt die Desensibilisierung durch systematische Bewegungen der Augen: Das hilft dabei, traumatische Erlebnisse aus früherer Zeit aus der Distanz zu betrachten.
Auch andere Traumatherapien können sich für die verschiedenen Ausprägungen der Gymnophobie eignen.
Hilfe finden
Es gibt die Möglichkeit professionelle Hilfe gegen die Angst vor Entblößung und Nacktheit (Gymnophobie) in Anspruch zu nehmen. Dabei können Sie sowohl einen örtlichen Therapeuten als auch eine Online Beratung in Anspruch nehmen.
Quellen:
- Coping With Gymnophobia or the Fear of Nudity – Verywell Mind
- Gymnophobia – Wikipedia
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann