Binge Eating
Unter Binge Eating werden immer wiederkehrenden Essanfälle verstanden. Der Begriff „binge eating“ stammt aus dem englischen und steht einfach übersetzt für exzessives, übermäßiges Essen.
Betroffene nehmen in kurzer Zeit sehr große Kalorienmengen zu sich und haben das Gefühl in dieser Zeitspanne die Kontrolle über das Essverhalten verloren zu haben.
Wir erklären im Artikel über die Anzeichen, Auslöser und Behandlungsmethoden von Binge Eating Anfällen auf. Außerdem geben wir hilfreiche Tipps gegen das Binge Eating.
- Autor: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 9. März 2022
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Eine Binge-Eating-Störung wird charakterisiert durch unkontrollierte Essattacken. Der Begriff „binge eating“ stammt aus dem englischen und steht für exzessives, unkontrolliertes, übermäßiges Essen.
Betroffene nehmen in kurzer Zeit enorme Mengen an Nahrung zu sich. Da es im Gegensatz zu anderen Essstörungen allerdings zu keinen übertriebenen Kompensationsmaßnahmen kommt (Erbrechen, Sportsucht), geht diese psychische Krankheit in den allermeisten Fällen mit Adipositas (Fettsucht) einher.
Die Auslöser für akute Essanfälle (noch kein Binge Eating) sind in der Regel emotionale Ausnahmesituationen. Betroffene können damit nicht anders umgehen, als unkontrolliert zu essen. Die Ursachen für die Herausbildung einer Binge-Eating-Störung liegen sogar meist in der Kindheit und reichen von Übergewicht und einem niedrigen Selbstwertgefühl über Mobbing bis hin zu Missbrauch und Depressionen.
Wie bei jeder anderen psychischen Störung ist auch im Fall von Binge Eating der psychotherapeutische Ansatz der vielversprechendste. Kognitive Verhaltenstherapie und interpersonelle Therapie haben sich als effektiv erwiesen. Aufgrund der körperlichen Auswirkungen eine Binge-Eating-Störung sind meist auch Maßnahmen zur Gewichtsreduktion wichtig. Gleiches gilt für die Zusammenarbeit mit Ernährungscoaches.

Was ist Binge Eating?
Betroffene leiden unter unkontrollierten Essanfällen, während denen sie in kürzester Zeit Unmengen an Nahrung zu sich nehmen.
Das Wort „Binge“ steht dabei sinngemäß für „unkontrolliert“ oder „exzessiv“. Auch bekannt beispielsweise vom „Binge Watching“ – also dem Konsumieren von mehreren Folgen einer TV-Serie hintereinander. Genau dieselbe Bedeutung hat es auch im Zusammenhang mit Essstörungen.
Häufigste Essstörung: Im Gegensatz zu einem weitverbreiteten Glauben ist nicht die Magersucht oder die Bulimie die häufigste Essstörung in Deutschland. Es ist tatsächlich das Binge Eating. Bis zu 4 % der Bevölkerung in der Altersgruppe zwischen 20 und 30 Jahren sind betroffen.

Anzeichen von Binge Eating
- Betroffene sind sich Ihrer Situation durchaus bewusst und fühlen sich deshalb unwohl.
- In der Fachsprache ist in so einem Fall von einem deutlichen Leidensdruck die Rede.
Das Heimtückische an einer Binge-Eating-Störung ist, dass Außenstehende eigentlich keine Chance haben, Hinweise darauf zu entdecken. Das Problem wird erst deutlich, wenn der Betroffene sichtbar an Gewicht zugelegt oder dieser sich seinem Gegenüber öffnet und von seiner Essstörung berichtet.
Wenn Menschen wiederum das Gefühl haben, dass etwas mit ihren Essgewohnheiten nicht stimmt und in ihnen der Verdacht aufkommt, dass sie eventuell an einer Binge-Eating-Störung leiden, können diese bei ihrer nächsten Essattacke auf gewisse Symptome achten. Treten drei dieser Symptome gleichzeitig auf, leiden sie höchstwahrscheinlich unter einer entsprechenden Essstörung.
- Deutlich schnelleres Esstempo als normal.
- Erst bei einem unangenehmen Völlegefühl aufhören zu essen.
- Große Mengen essen, obwohl eigentlich kein Hungergefühl vorhanden.
- Aus Scham über die verzehrten Mengen allein und zurückgezogen essen.
Eine Binge Eating-Störung liegt erst dann vor, wenn Essanfälle über einen Zeitraum von drei Monaten zumindest 1x pro Woche auftreten.
Binge Eating oder Bulimie?
Ein von anderen Essstörungen bekanntes Anzeichen gibt es beim Binge Eating nicht. Und zwar ist hier die Rede von kompensatorischen Aktionen wie beispielsweise das von der Bulimie bekannte Erbrechen. Ebenfalls kommt es eigentlich nie vor, dass Betroffene radikal fasten oder in besonders hohem Ausmaß Sport betreiben. Deshalb geht Binge Eating in der Regel mit Adipositas einher.

Auslöser für Binge Eating
Wie das bei psychischen Störungen oftmals der Fall ist, sind die Ursachen auch im Fall von Binge Eating vielfältig. Meist geht es um emotionale Ausnahmesituationen, mit denen Betroffene nicht umgehen können und deshalb emotionale Kompensationsmechanismen entwickeln.
- Einer dieser Kompensationsmechanismen ist das exzessives Essen.
Damit eine derartige Störung überhaupt entstehend kann, müssen allerdings viele unterschiedliche Faktoren zusammenspielen.
Wie stark die ausgeprägt sein müssen oder welche zeitgleich auftreten müssen, ist dabei nicht klar festgelegt bzw. ist dies aufgrund der unterschiedlichen Charaktere der Menschen auch gar nicht klar zu definieren. Alles, was die Wissenschaft zum aktuellen Zeitpunkt machen kann, ist, Risikofaktoren zu benennen.
- Depressionen
- Übergewicht in der Kindheit
- Mobbing wegen des Körpergewichts
- Niedriges Selbstwertgefühl
- Traumatische Erlebnisse (Missbrauch)
- Krankhafter Perfektionismus
- Ungesunde Ernährung
- Zuckersucht
Mittlerweile herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass strikte Ernährungsvorgaben seitens der Eltern bei Kindern im späteren Leben das Entstehen von Essstörungen begünstigen können.
Da ausnahmslos die Eltern bestimmen, wie viel ein Kind zu essen hat, lernt dieses nie auf seinen Körper zu hören. Die Erziehung kann also bei Binge-Eating also eine entscheidende Rolle spielen.
- Strenge lange Diäten
- Viel Freizeit ohne Beschäftigung
- Wenig körperlicher Auslastung
Auffällig ist, das besonders Personen mit wenig körperlicher Auslastung und viel Freizeit dazu neigen, Binge-Eating Störungen zu entwickeln. Dies ist besonders bei nächtlichen Essanfällen der Fall.
Betroffene können sich den ganzen Tag diszipliniert an einen Ernährungsplan halten, zu später Stunde dann allerdings alles zunichtemachen in dem sich große Mengen Kalorien Anfallartig zugeführt werden.
Hierbei helfen dann vor allem Meal-Prep (Vorkochen) und ein fester Schlafplan, damit es gar nicht erst zu einer späten Essattacke aus Langeweile kommen kann.

Alltag mit Binge Eating
Eine psychische Störung beeinflusst den Alltag Betroffener immer auf zwei Arten: Auf der psychisch-sozialen und auf der körperlichen Ebene. Von einer Binge-Eating-Störung betroffene Menschen sind sich ihres Problems durchaus bewusst zu versuchen deshalb, sich von ihrem Umfeld abzukapseln. Besonders dann, wenn es um die Nahrungsaufnahme geht.
Von Binge Eating betroffene leiden meist unter einem geringen Selbstwertgefühl. Sie schämen sich für Ihre Störung und meist auch für ihren Körper. Ihre Eigenwahrnehmung ist meist gestört.
Die Versuche, durch Gegenmaßnahmen wie beispielsweise Diäten das Selbstbild positiv zu beeinflussen, endet meist in mit noch mehr negativen Emotionen. Das Scheitern einer Diät führt unter Umständen zur Herausbildung von Selbsthass.
Nicht selten werden nach besonders strengen Diäten heftige Binge-Eating Anfälle bemerkt. Teilweise kann durch eine zu lange und zu strenge Diät sogar eine Essstörung entstehen.
Ein großer Teil der Betroffenen ist stark übergewichtig. Die Adipositas hat in erster Linie natürlich stark negative Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System (hoher Blutdruck, erhöhte Blutfettwerte, Arterienverkalkung, erhöhtes Herzinfarktrisiko).
Zudem werden die Gelenke und die Wirbelsäule deutlich über Normalniveau abgenutzt. Besonders die Bandscheiben, die Knie und die Bandscheiben leiden.

Tipps gegen Binge Eating
Regelmäßige Binge-Eating Anfälle können zu einer langfristigen Gewichtszunahme führen. Die Gewichtszunahme kann dann zu Folgeerkrankungen wie Diabetes und Herzerkrankungen beitragen.
Damit Binge Eating Attacken keine Chance haben, können Betroffene versuchen hilfreiche Tipps gegen die Binge Eating Störung anzuwenden.
- Strenge Diäten unterlassen – Keine zu strengen Verzichte.
- Kein zu langes Fasten – Zu langer Verzicht kann Heißhungerattacken verstärken.
- Achtsamkeit üben – z.B. durch Yoga oder Meditation
- Viel Wasser trinken – Oft ist es Durst und kein Hunger
- Ballaststoffreiche Ernährung – z.B. Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte
- Junk Food entsorgen – Was nicht im Haus ist, kann nicht gegessen werden
- Sport als Ausgleich – Nicht zu viel aber ausreichend Sport kann helfen
- Ausreichend Schlaf – Schlafmangel kann den Hunger erhöhen
- Tagebuch führen – Ernährungs- und Stimmungstagebuch
- Proteinzufuhr erhöhen – Eine Eißweireiche Ernährung hilft gegen Heißhunger
- Vorkochen – Meal-Prep - Bereiten Sie ihr Essen für die nächsten Tage vor
Wie wird Binge Eating behandelt?
Eine Binge Eating-Störung ist kein Grund, sich zu Hause einzusperren und sein Sozialleben auf ein Minimum herunterzufahren. Wie viele andere psychische Störungen ist auch die Binge-Eating-Störung mittels Verhaltenstherapie sehr erfolgreich zu behandeln.
Wichtig ist dabei, begleitende Maßnahmen zur Gewichtsreduktion zu setzen und mit Ernährungsberatern daran zu arbeiten, wieder Normalität in die Essensgewohnheiten zu bringen.
Mit einer ausgewogenen Kombination all dieser Ansätze lässt sich eine Binge-Eating-Störung überwinden und die Kontrolle über sein Leben zurückgewinnen.
Auch mit der Interpersonellen Therapie stehen die Chancen gut. Da die psychische Störung im Fall von Binge Eating allerdings auch konkrete physische Auswirkungen hat, sollte einerseits das aus der Balance geratene Essverhalten therapiert werden und andererseits ist es in den allermeisten Fällen empfehlenswert, Maßnahmen zur Gewichtsreduktion zu ergreifen.
Ein weiterer wichtiger Punkt: Verhindern von Rückfällen – erreichbar beispielsweise durch die Zusammenarbeit mit Ernährungscoaches.
Der KVT liegt die Annahme zugrunde, dass ungesundes Verhalten – und somit auch Essgewohnheiten – antrainiert wird. Und was antrainiert wird, kann wieder verlernt werden. Ziel ist es, Verhaltensmuster zu entdecken und diese zu ändern. Dabei kann das Führen eines Tagebuchs helfen.
Bei der interpersonellen Therapie (IPT) steht die soziale Situation des Betroffenen im Mittelpunkt des Interesses. Neue Lösungsansätze für alte Probleme sollen den Status der Essanfälle als Ausflucht Nummer eins vergessen machen. Der Patient erhält Sicherheit im Umgang mit anderen Menschen und somit gleichzeitig Selbstvertrauen zurück.
Je nach Schwere der Binge Eating-Störung bieten sich unterschiedliche Therapieformen an. Der Vorteil der Behandlung: Sie kann sowohl stationär als auch ambulant durchgeführt werden. Liegt eine besonders starke Form der Störung vor, sind die körperlichen und psychischen Auswirkungen dramatisch, ist der Aufenthalt in einer Klinik unbedingt anzuraten.
Hilfe durch Angehörige bei Binge Eating
Ein sehr heikles Thema, da es die eine allgemeingültige Antwort nicht gibt und gut gemeinte Ratschläge im Extremfall sogar das Gegenteil dessen bewirken, was eigentlich die Absicht gewesen wäre.
Während manche Patienten durch gemeinsames Kochen und Essen oder Verabredungen zum Sport durchaus motiviert und erreicht werden können, fühlen sich andere Menschen wiederum eingeengt. Sie blockieren und versuchen die entstandene emotionale Belastungssituation für sich durch heimliches Essen aufzulösen. Deshalb ist Fingerspitzengefühl gefragt.
Was allerdings niemals verkehrt sein kann: Der Appell, sich mit seinen Problemen an eine professionelle, neutrale Stelle zu wenden.

Hilfe finden
Wer auf die Frage nach guten Therapeuten und Behandlungsmethoden in seiner näheren Umgebung selbst keine Antwort hat, der wird unter Umständen zögern, mit der so ungemein wichtigen Therapie zu beginnen. Damit Sie auch sicher einen passenden Therapeuten finden, arbeiten wir gerade an einer umfassenden Datenbank.
Aktuell können wir Ihnen Psychologen und Ernährungsberater über die Arztsuche von Jameda empfehlen. Alternativ lassen sich auch online erfahrene Therapeuten und Ernährungsberater finden.
Quellen:
- Binge-Eating-Störung | BZgA Essstörungen
- Binge Eating: Symptome, Auslöser, Folgen, Behandlung | netdoktor.de
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann