Soziale Isolation
Sowohl für Menschen mit als auch ohne psychische Probleme sind die aktuellen Zeiten eine Herausforderung. Isolationsmaßnahmen und Social Distancing stellen eine große Belastung für die Psyche dar.
Irgendwann kann die soziale Isolation sogar zu körperlichen Folgen führen. Wir geben Tipps für den Umgang mit einer dem Alleinsein und erklären welche Wege es aus der sozialen Isolation gibt.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 2. Mai 2024
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Was ist eine Soziale Isolation?
Häufig wird der Begriff „soziale Isolation“ mit Einsamkeit gleichgesetzt, die zwei Begrifflichkeiten unterscheiden sich allerdings etwas voneinander.
So können Sie sich inmitten einer großen Menschenmenge zwar einsam fühlen, sozial isoliert sind Sie in diesem Moment aber nicht. Einsamkeit ist häufig eine subjektive Erfahrung. Betroffene empfinden dann ihre sozialen Kontakte in ihrer Qualität nicht als ausreichend.
Soziale Isolation hingegen wird als objektiver Zustand betrachtet, die Anzahl an Kontakten zu anderen Menschen ist sehr gering.
Wenngleich beide Begriffe sich voneinander unterscheiden, haben sie trotzdem etwas gemeinsam: sowohl soziale Isolation als auch Einsamkeit bringen in den meisten Fällen schmerzhafte Erfahrungen für Betroffene mit sich.
Einsamkeit als Folge sozialer Isolation
In der Folge kann es dadurch zu Einsamkeit kommen. Soziale Isolation ist dabei ein Zustand, bei dem Betroffene von ihrem normalen sozialen Umfeld abgeschnitten sind.
Dabei kann Isolation bedeuten, längere Zeit zu Hause zu bleiben, kaum bis keinen Zugang zu sozialen Einrichtungen wahrzunehmen und die Kommunikation mit Verwandten, Freunden und Bekannten auf ein Minimum zu reduzieren oder komplett aufzugeben.
Belastung für die Gesundheit
Gerade die in Coronazeiten festgelegten Lockdowns (Quarantänemaßnahmen) und Kontaktsperren sorgen für soziale Isolation und beeinflussen die psychische Gesundheit.
Der Mensch ist ein soziales Wesen und auf das Zusammensein mit anderen Menschen angewiesen. Für Wohlbefinden und Gesundheit sind persönliche Kontakte, Mimik und Gestik sowie Berührungen enorm wichtig.
Wenn nun Isolations- und Quarantänemaßnahmen zu sozialer Isolation führen und Einkommensverluste sowie Existenzängste hinzukommen, hat dies negative Folgen für die seelische Gesundheit. Darunter leiden nicht nur vorerkrankte, sondern auch ansonsten gesunde Menschen.
Probleme wie Ängstlichkeit (Phobien), Schlafstörungen, Stress, Wut und auch Depressionen können daraus resultieren. All diese Beschwerden können sich im weiteren Verlauf auf den gesamten Organismus niederschlagen und dadurch andere Erkrankungen auslösen.
- Entwicklung von Angststörungen
- Förderung von Übergewicht
- Neigung zu Depressionen
- Geschwächte Immunfunktion
- Erhöhter Stress & Wut
- Schlafstörungen
- Neigung zu Suchtverhalten
- Neigung zu ungesunder Ernährung
- Antriebslosigkeit & niedrige Motivation
Auslöser von sozialer Isolation
Im Zusammenhang mit COVID-19 ist „Social Distancing“ ein häufig genutzter Begriff. Doch nicht nur die Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie führen zu sozialer Isolation.
Die Sozialpsychologie unterscheidet dabei, wie die soziale Isolation entsteht. Als mögliche Gründe kommen exogene und endogene Faktoren in Frage.
Exogene Faktoren als Gründe
- finanzielle Probleme
- Konflikte mit anderen Menschen
- Ausgrenzung durch andere Menschen (z. B. durch Mobbing)
- Verluste (z. B. Tod eines Kindes, Tod des Partners, Scheidung)
- Umstände höherer Gewalt (z. B. Corona-Pandemie und deren Maßnahmen)
Endogene Faktoren als Auslöser
- sehr geringes Selbstwertgefühl
- psychische / psychiatrische Erkrankungen (z. B. schizoide Persönlichkeitsstörung, Angststörungen, Sozialphobien, Depressionen)
- Vermeidungsverhalten (z. B. Unsicherheit oder Furcht vor bestimmten sozialen Interaktionen, woraus ein Störungskreislauf entstehen kann)
- mangelnde soziale Erfahrungen und Kommunikationsprobleme
- negative Bewertungsspiralen (Positives wird von Betroffenen immer mehr ausgeblendet und die Wahrnehmung von Negativem geschärft)
Erwünschte soziale Isolation
Sowohl Einsamkeit als auch soziale Isolation haben nicht zwingend Krankheitswert. So kann vor allem eine selbst gewählte Isolation für Betroffene sogar eine Chance zur Selbstfindung sein.
Es gibt zahlreiche Menschen, die keinerlei Probleme damit haben, über nur wenige soziale Kontakte zu verfügen.
Einsamkeit kann für Betroffene aber immer dann ein Problem darstellen, wenn sie die vorhandenen Kontakte als unzureichend empfinden.
Wann genau Einsamkeit und soziale Isolation krankhaft sind, lässt sich aufgrund der unterschiedlichen Wahrnehmung des Einzelnen oft nur schwer beurteilen.
Häufig betroffene Risikogruppen
Bestimmte Personengruppen sind innerhalb der Gesamtgesellschaft mitunter mehr von sozialer Isolation betroffen als andere.
Dabei begünstigen vor allem äußere Umstände die Gefahr einer Isolation.
- Personen, bei denen sich Verpflichtungen verschieben (z. B. Alleinerziehende, Studenten, Workaholics)
- ältere Menschen sowie Menschen mit Demenz
- Menschen mit chronischen Erkrankungen oder geistiger / körperlicher Behinderung
- Menschen am Rand der Gesellschaft (z. B. Arbeitslose, Straftäter)
- Menschen mit Migrationshintergrund
Tipps gegen soziale Isolation
Wenn der Mensch gesund ist, fühlt er sich wohl. Vor allem die seelische Gesundheit trägt maßgeblich zum geistigen und körperlichen Wohlbefinden bei.
Doch gerade der Seele wird zwischen gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung nur wenig Bedeutung geschenkt. Doch der Mensch gilt als „Herdentier“, soziale Kontakte haben daher einen enormen Einfluss auf die seelische Gesundheit. Um diese zu erhalten, können Sie selbst einiges tun.
Gerade während der Corona-Kreise muss sich niemand wirklich isolieren und kann soziale Kontakte durchaus noch aufrechterhalten. Verbringen Sie also auch die Zeit während der Corona-Maßnahmen sinnvoll um eine soziale Isolation zu vermeiden. Wir nennen im folgenden zahlreiche Tipps gegen die soziale Isolation.
Lebensfreude wieder entdecken
Versuchen Sie zu Beginn, Ihre eigene Situation etwas genauer zu betrachten. Sind Sie wirklich allein? Und wenn ja, fühlen Sie sich dabei unwohl? Manchmal kann kurzzeitige Isolation auch zur Entspannung beitragen, Ruhe bringen und beim Stressabbau helfen.
Interessieren Sie sich in dieser Phase wieder für sich selbst. Lesen Sie Bücher, die Sie schon immer lesen wollten. Hören Sie Musik, schauen Sie Filme, treiben Sie Sport. Finden Sie ein neues, oder lassen Sie ein altes Hobby wieder aufleben. Achten Sie unbedingt auf sich selbst und Ihre Bedürfnisse und lernen Sie, sich selbst zu mögen. Sie müssen zunächst gar nicht auf Kontakte von außen zurückgreifen, um etwas Lebensfreude zurückzugewinnen.
Auch Spaziergänge an der frischen Luft können zur Stresslinderung beitragen. Zudem lassen sich selbst beim spazieren gehen neue Menschen treffen und somit vielleicht gemeinsame Interessen finden.
Haustiere gegen Einsamkeit
Haustüre können bei Einsamkeit helfen und eine soziale Isolation erträglicher machen. Tiere können eine Quelle des Trostes sein und können Stress und Blutdruck senken.
Struktur schaffen
Wenn sich Tage endlos in die Länge ziehen, steigt die Gefahr, dass sich Melancholie ausbreitet. Betroffene ziehen sich dann zurück, geraten ins Grübeln und fühlen sich allein und einsam. Um dem entgegenzuwirken, sollte der Tagesablauf Struktur bekommen. Detaillierte Tages- und Wochenpläne sollten aufgestellt und konsequent umgesetzt werden.
Aktiv Kontakt zu Menschen suchen
Wer häufig allein ist, kann versuchen, in kleinen Schritten Kontakt mit anderen Menschen aufzunehmen. Dafür eigenen sich vor allem soziale Medien. Schauen Sie in Ihr Handy und rufen Sie Familienmitglieder, Freunde oder Bekannte an. Warten Sie nicht darauf, dass andere sich bei Ihnen melden. Für den Anfang tut es auch eine Kurznachricht. Virtuelle Begegnungen in sozialen Netzwerken und Chatgruppen sind ebenfalls ein erster Schritt aus der Selbstisolation. Dabei können Apps wie Telegram oder Instagram durchaus hilfreich sein.
Seien Sie sich bitte immer bewusst, dass allein der virtuelle Austausch keine zwischenmenschlichen realen Kontakte ersetzt. Pflegen Sie vor allem im Internet viele Kontakte, steigt sogar das Risiko für soziale Isolation. Gefährdet sind im modernen Zeitalter der Technik vor allem Jugendliche.
Gleichgesinnte suchen
Ganz gleich, ob Ihnen der Kontakt zu anderen Menschen fehlt oder ob Sie sich von Ihrem Umfeld missverstanden oder gar isoliert fühlen – versuchen Sie, auf Menschen mit gleichen Interessen und Leidenschaften zuzugehen. Dafür eigenen sich Kurse an Volkshochschulen (z. B. Sprachkurse), Sportgruppen oder auch andere Gruppen für die unterschiedlichsten Hobbys. Über Apps wie Telegram lassen sich leicht Gruppen für jegliche Hobbys finden. Oder Sie übernehmen ein Ehrenamt, was sogar in Zeiten von Corona möglich und notwendig ist. Eine ehrenamtliche Tätigkeit kann dabei doppelt hilfreich sein, schließlich können Sie anderen helfen und werden gebraucht.
Soziale Isolation verhindern
Verschiedene präventive Maßnahmen können dabei helfen, soziale Isolation gar nicht erst zum Teil des Lebens werden zu lassen. Einsamkeit kann bereits früh genug vorgebeugt werden.
- aktive Teilnahme am Leben
- soziale Kontakte pflegen
- offen für Neues bleiben
- regelmäßig Menschen einladen & besuchen
- gemeinsam mit Familienmitgliedern und Freunden Aktivitäten organisieren und genießen
- Gruppenangebote in der Umgebung wahrnehmen
- sich in einem Verein engagieren
Wer strenge Regeln braucht und beispielsweise auch bei einer Diät nur dann Erfolg hat, wenn er einen ganz neuen Trainings und Ernährungsplan verfolgt, könnte diese Taktik auch auf das soziale Leben anwenden.
Sie könnten sich selbst die Challenge (Herausforderung) setzen, einmal in der Woche mit einem alten oder neuen Kontakt essen zu gehen. Falls dies aktuell nicht möglich ist, wäre auch ein Essen zu Hause als Option möglich.
Mit solch einer Herausforderung sind Sie gezwungen das soziale Leben zumindest auf ein gewisses Maß aufrecht zu erhalten und üben sich darin mit neuen oder bereits bekannten Menschen zu kommunizieren. Oft können daraus bessere Freundschaften entstehen, welche man sich sonst nicht hätte vorstellen können.
Dieses Beispiel lässt sich natürlich auch auf jegliche andere Aktivität und einen anderen Zeitraum übertragen. Eine Wanderung im Monat, eine gemeinsame Trainingseinheit in der Woche und viele weitere Beispiele. Suchen Sie sich diese Challenge heraus, welche für Sie am meisten Sinn ergibt.
Menschen helfen
Sozial eingebunden zu sein bedeutet, regelmäßig mit anderen Menschen Kontakt zu haben und am sozialen Leben teilzunehmen. Dadurch wird natürlich die Gesundheit gefördert, auch Krankheiten lassen sich besser bewältigen.
Umfang sowie Art und Weise der sozialen Kontakte nehmen dabei sehr unterschiedlich auf die Gesundheit Einfluss, denn die individuellen Bedürfnisse spielen dabei eine besondere Rolle. Denn nicht jeder Mensch braucht täglich soziale Kontakte, während es anderen nur durch den täglichen Umgang mit anderen Menschen wirklich gut geht.
Wem auffällt, dass Personen in seinem Umfeld soziale Kontakte fehlen und dadurch Einsamkeit und andere Probleme wie Depressionen entstehen, der kann einiges für die Betroffenen tun.
- Kontakte fördern
- Aktivitäten unterstützen
- Sicherheit vermitteln
Soziale Isolation im Home Office
Kommt es aufgrund der Corona-Maßnahmen für Berufstätige zu einer sozialen Isolation im Homeoffice, können sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer mit folgenden Tipps + Maßnahmen die daraus resultierende Einsamkeit im HomeOffice umgehen:
Arbeitgeber können Onlineschulungen anbieten, die der Unterstützung des Erwerbs weiterer Kompetenzen beim Umgang mit digitalen Medien dienen.
Arbeitgeber sollten betriebliche Rahmenbedingungen und Vereinbarungen zur Gesundheitsförderung (z. B. durch Bereitstellung von Hard- sowie Software) schaffen, um den sozialen Austausch auf digitaler Ebene zu ermöglichen.
Führungskräfte können den informellen privaten Austausch anregen und dafür auch Zeiträume schaffen (z. B. durch virtuelle Kaffeepausen).
Zwischen Führungskräften und Mitarbeitern können Feedbackgespräche stattfinden, in denen neben Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsalltag im Homeoffice auch Sorgen besprochen werden.
Arbeitnehmer sollten Strukturen und Routinen im Homeoffice aufrechterhalten und dabei soziale Kontakte digital pflegen (z. B. in Form von projektunabhängigem Austausch mit Kollegen).
Arbeitnehmer priorisieren bestenfalls ihre Aufgaben und setzen sich ein Ziel für ihre Arbeitszeit, um diese effektiver nutzen zu können.
Um digitalen Stress zu vermeiden und das mentale Abschalten in der Freizeit zu fördern, sollte ein bewusster Umgang mit Medien stattfinden.
Therapie von sozialer Isolation
Soziale Isolation hat viele Ursachen und ist keine eigenständige Erkrankung. Deshalb gilt es, die Ursachen zu behandeln.
Denn: die zugrundeliegenden Probleme verschwinden in den seltensten Fällen von selbst. Vor allem im Erwachsenenalter empfiehlt sich eine therapeutische Behandlung, die individuell gestaltet wird.
Neben einer kognitiven Verhaltenstherapie ist auch eine medikamentöse Behandlung mit Antidepressiva möglich. Beide Therapievarianten können auch miteinander kombiniert werden.
Als Alternative zur kognitiven Therapie kann auch eine psychodynamische Psychotherapie durchgeführt werden.
Oft verordnen Ärzte bei psychischen Problemen wie Ängsten Beruhigungsmittel (Benzodiazepine). Sie können Probleme zwar schnell lindern, aber bei einer längeren Einnahmedauer auch zu Abhängigkeit führen. Aus diesem Grund sollten Sie nur im Ausnahmefall und über kurze Dauer eingenommen werden.
Hilfe finden
Sie fühlen sich einsam oder sogar sozial isoliert? Sie suchen nach Hilfe, um aus der Isolation auszubrechen? Dann können Sie die oben genannten Tipps gegen soziale Isolation anwenden oder direkt einen professionellen Ansprechpartner suchen.
Wir können Ihnen für professionelle Hilfe die Arztsuche über Google empfehlen. Wenn Sie sich vor Therapeuten und Ärzten fürchten, kann Ihnen vielleicht auch unsere Selbsthilfe weiterhelfen. Unser Selbsthilfe Ratgeber Artikel bietet wertvolle Ratschläge zur Überwindung von Ängsten und Schamgefühlen, die eine Kontaktaufnahme mit Ärzten und Therapeuten behindern könnten.
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Quellen:
- Loneliness and Social Isolation — Tips for Staying Connected | nia.nih.gov
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier