Bipolare Störung
Die bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung, die in der Regel chronisch verläuft. Typisch für das Krankheitsbild sind extreme Stimmungsschwankungen. Betroffene wandeln zwischen „Himmelhoch jauchzend“ und „zu Tode betrübt“.
Wir haben uns eingehend mit der bipolaren Störung beschäftigt, die unterschiedlichen Arten näher betrachtet und uns mögliche Risikofaktoren angesehen.
Wir zeigen außerdem, wie ein Arzt bei der Diagnose und bei der Behandlung einer derartigen psychischen Krankheit vorgeht, wie Angehörige den Betroffenen das Leben erleichtern können und warum es ungemein wichtig ist, einen Verdacht auf bipolare Störung unbedingt medizinisch abklären zu lassen.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 7. Juni 2023
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Was ist eine bipolare Störung
Bei einer bipolaren Störung handelt es sich um eine chronisch verlaufende psychische Erkrankung, die durch extreme Schwankungen hinsichtlich Stimmung, Antrieb und Aktivitätslevel gekennzeichnet ist. Betroffene pendeln dabei sozusagen zwischen Manie und Depression.
Eine bewusste Kontrolle ist ihnen dabei nicht möglich. Schätzungen zufolge sind 1 bis 3 % der Bevölkerung von dieser Krankheitsform betroffen. 3Deutsche Gesellschaft für Bipolare Störungen e.V. | dgbs.de
Was heute landläufig bipolare Störung genannt wird, trägt eigentlich die offizielle Bezeichnung „bipolar affektive Störung“ – kurz „BAS“. Früher war die Erkrankung auch als manische Depression oder manisch depressive Erkrankung bekannt.

Anzeichen einer bipolaren Störung
Das Krankheitsbild der bipolaren Störung lässt sich wohl am einfachsten und verständlichsten mit einem allseits bekannten Ausdruck beschreiben: „Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt“. Zwischen diesen beiden Extremen pendeln Betroffene in unterschiedlicher Häufigkeit. Hochphasen (Manie) wechseln sich mit Tiefphasen (Depression).
- Überschwänglichkeit
- Gereiztheit
- Extrem hohes Aktivitätsniveau
- Sprunghaftigkeit
- Unruhe
- Gesteigertes Mitteilungsbedürfnis
- Überhöhtes Selbstwertgefühl (Größenwahn)
- Vermindertes Schlafbedürfnis
Betroffene wissen in diesen Phasen scheinbar nicht, wohin mit der im Übermaß vorhandenen Energie. Die für depressive Episoden typischen Gefühle stehen im krassen Gegensatz dazu:
- Niedergeschlagenheit
- Antriebslosigkeit
- Sehr niedriges Selbstwertgefühl
- Unangemessene Schuldgefühl
- Schlaflosigkeit (Insomnia) oder Hypersomnie (Schlafsucht)
- Konzentrationsprobleme
- Unentschlossenheit
- Signifikante Gewichtszu- oder Abnahme (mehr als 5%)
Das Verhältnis zwischen Hoch- und Tiefgefühl ist dabei nicht ausgeglichen. Üblicherweise überwiegen die manischen Episoden deutlich.
Arten von bipolaren Störungen
Tatsächlich existiert nicht nur die eine BAS. So gibt es zum Beispiel auch Mischformen, die von einem gleichzeitigen Auftreten manischer und depressiver Symptome charakterisiert wird.
Außerdem existieren Formen, bei denen die Manie nicht so deutlich ausgeprägt ist. In diesem Fall ist von einer sogenannten Hypomanie die Rede. Die ersten Symptome dieser Art der bipolaren Störung treten meist bereits im Jugendalter auf.
Abgesehen diesen Misch- und Unterformen teilt die Fachliteratur bipolare Störungen in zwei allgemeine Kategorien ein:
- Bipolare Störung Typ I (Wechsel zwischen Manie und Depression)
- Bipolare Störung Typ II (Wechsel zwischen Hypomanie und Depression)
Eine bipolare Störung tritt in den seltensten Fällen isoliert auf, Betroffene leiden häufig an zusätzlichen Krankheiten – sowohl psychischer als auch physischer Natur. Zu den häufigsten Beschwerden zählen Angst- und Zwangsstörungen, ADHS, Substanzabhängigkeit sowie Ess- oder Persönlichkeitsstörungen.
Eine BAS kann außerdem in Kombination mit Herzerkrankungen, Diabetes mellitus (Typ 2), Migräne, dem metabolischen Syndrom sowie verschiedensten Erkrankungen des Muskel- und Skelettapparats auftreten.
Risiken für eine bipolare Störung
Warum sich bei manchen Menschen eine bipolare Störung entwickelt und bei anderen nicht, ist bisher wissenschaftlich nicht abschließend geklärt. Weitestgehender Konsens herrscht zumindest hinsichtlich der Annahme, dass es nicht diesen einen Auslöser einer BAS gibt, sondern dass viele Faktoren zusammenkommen müssen.
Eine bipolare Störung tritt nicht einfach so von einem Moment auf den anderen auf, sondern entwickelt sich schleichend.
- Familiäre Vorbelastung
- Schwere Depressionen bereits im Kinder- und Jugendalter
- Traumatische Erlebnisse
Dazu herrscht Einigkeit darüber, dass externe Einflüsse sowie Eigenschaften der Persönlichkeiten eine ausschlaggebende Rolle spielen. Wie all diese Punkte zusammenspielen müssen, um tatsächlich eine bipolare Störung entstehen zu lassen, ist weiterhin Gegenstand von Untersuchungen. Eine endgültige Erklärung dafür hat die Wissenschaft noch nicht gefunden.
Auch hinsichtlich der Frage, ob sich das Entstehen einer BAS durch zielgerichtete Strategien vermeiden lässt, gibt es keine klare Antwort. Die Psyche in stressigen Situationen zu entlasten ist aber auf jeden Fall hilfreich, als vielversprechend präsentieren sich diverse Stressbewältigungsstrategien.
Diagnose der bipolaren Störung
Dass Menschen sich nicht jeden Tag gleich gut, energiegeladen oder optimistisch fühlen, ist völlig normal. Als Hinweis auf eine psychische Erkrankung dienen diese Schwankungen auf gar keinen Fall. Erst wenn die Symptome über längere Zeit anhalten, ist Grund zur Sorge gegeben. Ein finales Urteil kann nur ein Mediziner stellen.
Der Arzt erstellt über ein ausführliches Patienten-Gespräch eine ebenso umfangreiche Krankengeschichte.
Auf die Anamnese folgen eine allgemeine körperliche und eine neurologische Untersuchung, um klinische Kriterien ausschließen zu können. Mit einer sogenannten Spiegelbestimmung überprüft der Arzt, ob die relevanten Marker und Hormone im vertretbaren Rahmen sind oder ob irgendwo zu Abweichungen vorliegen.
Zuletzt sieht sich der Mediziner näher an, ob die Symptome des Betroffenen eventuell von (übersteigertem) Suchtmittelmissbrauch stammen.
Um tatsächlich die Diagnose einer bipolaren I-Störung stellen zu können, müssen manische Symptome vorliegen, die so ausgeprägt sind, dass sie das soziale und/oder das berufliche Leben des Betroffenen beeinträchtigen oder einen Krankenhausaufenthalt notwendig machen, um Schaden vom Patienten selbst bzw. dessen Umfeld fernzuhalten.
Therapie der bipolaren Störung
Die Behandlung einer diagnostizierten bipolaren Störung läuft üblicherweise in zwei Phasen ab.
Im Rahmen der Akuttherapie steht das Abdämpfen depressiver bzw. manischer Symptome im Zentrum. Durchgeführt wird sie üblicherweise in einem Krankenhaus, wenn möglich auch in einer Tagesklinik. Ausgehend von der tatsächlichen Episode setzen die Ärzte dabei auf Medikamente und/oder begleitende Therapien.
Die Phasenprophylaxe bietet eine Möglichkeit zur vorbeugenden Behandlung. Ziel ist es, das Auftreten neuer Episoden möglichst zu verhindern.
Medikamente bei bipolaren Störung
Vor der Verschreibung einer bestimmten Medikation müssen zunächst einige Laborwerte erhoben werden. Die helfen dem behandelnden Arzt dabei zu sehen, wo ein Mangel und wo ein Überschuss an Botenstoffen, Hormonen etc. besteht.
Ausgehend von den ermittelten Werten kommen die nachfolgenden Medikamente und Medikamentengruppen zum Einsatz.
Die auch als Stimmungsstabilisierer bekannten Medikamente kommen häufig bei akuter Manie und bei gemischten Zuständen angewendet. Wie genau Antikonvulsiva bei einer BAS wirken, ist wissenschaftlich noch nicht final geklärt, die Verbesserungen sind allerdings deutlich zu beobachten.
Zur Verwaltung akuter manischen Psychosen geeignet. Erfahrungswerte deuten außerdem darauf hin, dass diese Medikamentengruppe nach Abflauen einer Phase die Wirkung von Stimmungsstabilisierern verstärken können.
Kommen manchmal bei der Behandlung von schweren Depressionen zum Einsatz (vor allem selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer). Eine Empfehlung für die Verwendung als alleinige Therapie bei depressiven Episoden gibt es allerdings nicht. Deshalb sollen die Präparate bei einer BAS nur in Kombination mit Stimmungsstabilisatoren und niemals während einer gemischten Episode zum Einsatz kommen.
Psychotherapie bei bipolarer Störung
Psychotherapeutische Ansätze sollten bei einer bipolaren Störung immer nur unterstützend zur medikamentösen Behandlung eingesetzt werden. Sie können niemals allein erfolgreich sein.
Allerdings sind sie ein enorm wichtiges Mittel, um beim Betroffenen das Verständnis für die BAS zu vertiefen und den Bezug zum Alltag zu erläutern. Patienten lernen dadurch sich selbst, ihr Verhalten, ihre Gefühle und ihr Denken besser zu verstehen. Sie können typische Warnzeichen klarer identifizieren und nahende Episoden somit früher erkennen.
Wichtig ist außerdem, darüber zu reden, wie man mit Rückschlägen und auftretenden Stimmungsschwankungen idealerweise umgeht. Eine Analyse von hilfreichen oder hindernden Lebensumständen bringt im Alltag ebenfalls eine signifikante Erleichterung. Betroffene erlernen einfach gesagt einen besseren Umgang mit Ihrer Krankheit.
Früher als Elektrokrampftherapie bekannt, wirkt dieser Ansatz auf den ersten Blick zwar etwas gewöhnungsbedürftig, an seiner Effektivität besteht aber kein Zweifel. Bei der EKT wird unter kontrollierten Bedingungen durch die gezielte elektrische Erregung des Gehirns ein Krampfanfall erzeugt. Kommt besonders bei schweren depressiven und manischen Episoden zum Einsatz. Wird nur bei schriftlicher Einwilligung des Patienten (bzw. in schweren Fällen dessen Vormunds) angewandt.
Geeignet für depressive Episoden. Betroffene bleiben zwei- bis dreimal die Woche 36 bis 40 Stunden durchgehend wach.
Wir besonders bei depressiven Episoden in den Wintermonaten eingesetzt. Der Patient sieht dabei täglich 1-2x pro Minute in das weiße Licht eine Leuchtstoffröhre. Eine Sitzung dauert zwischen 30 und 120 Minuten.
Zur gezielten Förderung der Selbstständigkeit im Alltag und damit einhergehend einer Steigerung der Lebensqualität.
Sport und körperliche Betätigung haben einen direkt positiven Einfluss auf unsere Psyche. Verantwortlich dafür sind zum Beispiel das Erleben eines Gemeinschaftsgefühls, eine gesteigerte Hormonausschüttung, die Ablenkung von negativen Gedanken sowie die Erfahrung eines neuen, positiven Körpergefühls.
Helfen uns dabei, besser mit Belastungen und Stresssituationen umzugehen. Die Überforderung nimmt ab.

Tipps für Angehörige
Angehörige spielen im Falle einer bipolaren Störung eine große Rolle. Sie fungieren als Vertrauensperson, Überwacher, Motivator und sozialer Anker zugleich.
Eine psychische Erkrankung ist für viele immer noch ein Stigma. Jemand zu haben, an den man sich mit seinen Ängsten und Befürchtungen wenden kann, ist hilfreich.
Außenstehende erkennen Veränderungen oder Anzeichen für eine Episode oft früher als der Betroffene selbst. Sie können so als Frühwarnsystem dienen.
Eine Therapie ist nur dann erfolgreich, wenn sie konsequent durchgezogen wird. Fehlt dem Betroffenen der Glaube, kann der Angehörige ihm motivierend zur Seite stehen.
Menschen, die an einer BAS leiden, ziehen sich oftmals aus ihrem Freundes- und Bekanntenkreis zurück. Vertrauenspersonen und Angehörige können ein Bindeglied zum Umfeld sein bzw. so wichtige soziale Interaktion ermöglichen.
Für Angehörige und Vertrauenspersonen gilt deshalb, sich so umfassend wie möglich mit dem Krankheitsbild der bipolaren Störung auseinanderzusetzen und sich selbst entsprechend beraten zu lassen.
Ängste gegen bipolarer Störung
Psychische Erkrankungen sind deutlich häufiger, als man vielleicht glauben möchte. In der Vergangenheit war es mehr oder weniger verpönt, mit seelischen Problemen an die Öffentlichkeit zu gehen. Der Mensch hatte zu funktionieren, emotionale Schwierigkeiten waren ein Zeichen von Schwäche. Glücklicherweise hat sich dieses Bild in den letzten Jahren deutlich verändert. Ein Segen für Betroffene!
Eine bipolare Störung ist zunächst einmal nichts, wofür man sich schämen muss. Der Einfluss der Genetik auf ein Ausbrechen dieser Krankheit ist vermutlich sehr groß. Und für unsere Gene können wir nichts. Eine BAS tritt nicht deshalb auf, weil eine Person sich asozial verhält oder moralisch verwerflich handelt. Sie ist nicht ansteckend und macht Sie nicht zu einem schlechten Menschen!
Allerdings ist es im Fall einer bipolaren Störung enorm wichtig, sich professionelle Hilfe zu holen. Auch dann, wenn nur der Verdacht vorliegt. Die Suizidrate ist unter Betroffenen 10-15 Mal höher als in der Allgemeinbevölkerung.
Angst vorm Arzt überwinden
Einer der Hauptgründe, warum viele Menschen den Gang zum Arzt scheuen, ist die Diagnose selbst. Die Gewissheit. Ist der Mediziner zu einem Urteil gekommen, steht dieses zunächst einmal fest, das hat etwas Endgültiges. Allerdings ist genau diese Diagnose das, was notwendig ist, um eine Verbesserung in Gang zu setzen. Nur wer das Problem kennt, kann etwas dagegen unternehmen.
Eine ärztliche Diagnose und eine folgende medizinisch-therapeutische Behandlung ist die beste Chance auf ein weitestgehend normales und beschwerdefreies Leben.
Eine einfache Google-Suche kann Ihnen bereits dabei helfen, einen passenden Therapeuten in Ihrer näheren Umgebung zu finden.
Selbsthilfe zur Überwindung
Eine Bipolare Störung kann eine Herausforderung sein, und die Kommunikation mit Ärzten oder Therapeuten kann Angst erzeugen. Unser Selbsthilfe-Ratgeber bietet hilfreiche Tipps zur Überwindung dieser Ängste, damit Sie die Unterstützung bekommen, die Sie benötigen.
FAQ über Bipolare Störung
Die bipolare Störung ist eine psychische Erkrankung, die durch extreme Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist. Betroffene erleben Phasen tiefer Depression und Phasen intensiver Manie.
Symptome können Stimmungsschwankungen, übermäßige Energie, Rastlosigkeit, schnelles Sprechen, verminderte Schlafbedürfnisse, erhöhte Aktivität und Reizbarkeit in manischen Phasen umfassen. In depressiven Phasen können Müdigkeit, Traurigkeit, Hoffnungslosigkeit, Schlafstörungen und Konzentrationsprobleme auftreten.
Die genaue Ursache der bipolaren Störung ist unbekannt, aber es gibt eine Kombination aus genetischen, biologischen und Umweltfaktoren, die zur Entstehung beitragen können. Auch Traumata können extreme Stimmungsschwankungen verstärken.
Eine bipolare Störung wird durch eine gründliche psychiatrische Beurteilung diagnostiziert, die auf den diagnostischen Kriterien des DSM-5 basiert.
Die bipolare Störung wird normalerweise mit einer Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie behandelt.
Während es keine Heilung für die bipolare Störung gibt, kann sie mit der richtigen Behandlung und Unterstützung effektiv verwaltet werden.
Bipolare Störung kann die täglichen Aktivitäten, Beziehungen und die berufliche Leistungsfähigkeit beeinträchtigen.
Sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen oder sich Unterstützung von Therapeuten zu suchen, kann helfen. Sie sind nicht allein und es ist nichts Falsches daran, Hilfe zu suchen.
Quellen:
- A High-Risk Study of Bipolar Disorder – nimh.nih.gov
- Bipolar Disorder Clinical Trials – mayo.edu
- Verlauf der Bipolaren Störung – Dgbs.de
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier