Dermatillomanie

Skin Picking Disorder - Zwanghaftes Wunden aufkratzen

Dermatillomanie bezeichnet das wiederholte Bearbeiten der eigenen Haut. Es handelt sich um eine Zwangsstörung, bei der Pickel und Mitesser gequetscht, lose Haut abgerissen und Wunden und Krusten aufgekratzt werden.

Zwar bearbeiten viele Menschen in einem gewissen Ausmaß ihre Haut, aber dieses Verhalten ist nicht zwingend ein psychisches Problem. Dazu wird es erst, wenn die Haut so häufig und stark bearbeitet wird, dass dadurch Verletzungen entstehen und die Betroffenen unter dem Verhalten und den Folgen leiden.

Wir klären auf wie es zur „Skin Picking Disorder“ kommt, was man dagegen tun kann und ab wann eine professionelle Therapie ratsam ist. 

Übersicht:
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    Häufige Fragen:
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    Wie entsteht Dermatillomanie?

    Wie kommt es zum zwanghaften aufkratzen von Wunden?

    Konkrete Ursachen für die Entstehung einer Dermatillomanie sind bislang nicht bekannt. Die Erkrankung beginnt in der Regel schleichend. Allerdings sind sich Fachleute einig, dass mehrere Risikofaktoren zusammenkommen müssen, um eine Dermatillomanie auszulösen.

    Dazu gehören:

    Das Ideal „makelloser Haut“

    Es klingt seltsam, aber tatsächlich scheint der gesellschaftliche Druck zum perfekten Aussehen ein wichtiger Faktor bei der Entstehung einer Dermatillomanie zu sein. Vor allem Frauen nehmen ihre Haut deshalb regelmäßig genau unter die Lupe. Besonders in der Pubertät sind Haut und Schönheit ein wichtiger Punkt und zudem oft das Ziel für abfällige Bemerkungen. In diesem Alter beginnt mit dem Ausdrücken von Pickeln oft eine Dermatillomanie.

    Stress, innerer Druck und andere innere Faktoren

    Manche Betroffene nutzen das Kratzen, Knibbeln und Drücken als Ventil zum Abbau von Stress und innerem Druck in angespannten Situationen. Auch Angst, Wut, Ärger, Freude, Nervosität oder sogar Langeweile können eine Dermatillomanie begünstigen.

    Biologische Faktoren

    Ein wichtiger biologischer Faktor ist der Neurotransmitter Serotonin. Dieser reguliert die Stimmung sowie Angst und Aggression. Er wird auch als „Glücksbotenstoff“ bezeichnet. Ist der Serotonin-Haushalt im Ungleichgewicht, kann sich eine Dermatillomanie entwickeln.

    Genetische Faktoren

    Es kommt vor, dass Menschen, die unter Dermatillomanie leiden, mindestens ein Familienmitglied (meist ein Elternteil, Geschwisterkind) haben, welches ebenfalls unter der Erkrankung leidet.

    Andere psychische oder medizinische Probleme

    Wer unter Dermatillomanie leidet, hat mit großer Wahrscheinlichkeit auch andere psychische oder medizinische Probleme. Dazu gehören andere Störungen wie Haare ausreißen (Trichotillomanie) und Fingernägelkauen (Onychophagie), Angststörungen, Depressionen, bipolare Störung oder auch das Prader-Willi-Syndrom.

    Persönliche Eigenschaften

    Ein ausgeprägter Perfektionismus oder auch ein geringes Selbstwertgefühl sind ebenfalls mögliche Risikofaktoren für die Entwicklung einer Dermatillomanie.

    Dermatillomanie-skin-picking-disorder-zwang

    Häufige Situationen für Dermatillomanie

    In welchen Situationen tritt Dermatillomanie gehäuft auf?

    Zwar sind die konkreten Situationen, in denen Dermatillomanie auftritt, von Mensch zu Mensch unterschiedlich, gewisse Risikosituationen gibt es aber dennoch. 

    Dazu gehören:

    Symptome bei Dermatillomanie

    Wie macht sich die Skin Picking Disorder bemerkbar?

    Wer unter Dermatillomanie leidet, verspürt zunächst einen unkontrollierbaren Zwang, seine Haut zu bearbeiten. In der Folge zeigen sich verschiedene Symptome, die für eine Dermatillomanie typisch sind.

    Die Haut weist zum Teil tief aufgekratzte Wunden, Entzündungsreaktionen und Narben auf. Betroffene selbst verspüren an den entsprechenden Stellen auch Schmerzen.

    Betroffenen können ihr hautschädigendes Verhalten nicht einfach abstellen, auch wenn sie es möchten und schon mehrfach versucht haben. Durch das Kratzen, Knibbeln und Quetschen verspüren sie kurzzeitig eine positive Wirkung, werden danach aber von Schuld- und Schamgefühlen geplagt. Aus diesem Grund pflegen Betroffene ihre Haut im Anschluss, bis der innere Druck wieder zunimmt und sie erneut mit ihrem zwanghaften Verhalten beginnen.

    Einige Betroffene schädigen ihre Haut bewusst. Sie überlegen und vollziehen aufwändige und teils ausgeklügelte Rituale zur Schädigung der Haut. Andere hingegen schädigen ihre Haut wie in Trance und völlig gedankenverloren (z. B. bei Stress, Langeweile, während dem Fernsehen).

    Die Dauer und Häufigkeit des Kratzens und Knibbelns ist von Person zu Person unterschiedlich. Einige Betroffene verbringen mehrere Minuten damit, andere mitunter auch mehrere Stunden. Bei einigen Betroffenen treten eine bis mehrere Episoden täglich auf, bei anderen nur einmal in der Woche oder im Monat.

    Wer unter Dermatillomanie leidet, fühlt sich mitunter wertlos und hässlich. Viele Betroffene schämen sich, haben einen hohen Leidensdruck und eine deutlich beeinträchtigte Lebensqualität.

    Ablauf einer Dermatillomanie

    Wie erfolgt die Bearbeitung der Haut bei Dermatillomanie?

    In der Regel werden für das Knibbeln, Kratzen und Quetschen die Fingernägel und Fingerspitzen genutzt. Einige Betroffene setzen aber auch ihre Zähne ein (vor allem an den Lippen). Manchmal werden scharfe oder spitze Gegenstände wie Pinzetten oder Nadeln verwendet.

    Welche Körperregionen sind betroffen?

    Menschen, die unter Dermatillomanie leiden, konzentrieren sich meist auf bestimmte Körperbereiche. Meist sind es die, die sich mit den Händen gut erreichen lassen.

    Hierzu zählen:

    Tipps bei Dermatillomanie

    Tipps bei der Skin Picking Disorder

    Bevor sich Betroffene an einen Therapeuten wenden, können sie versuchen, selbst etwas gegen die Dermatillomanie zu tun. Die folgenden Tipps bieten eine gute Möglichkeit, das Problem zunächst in Eigenregie anzugehen.

    Zuerst ehrlich zu sich selbst sein

    Um überhaupt etwas an dem Verhalten ändern zu können, ist es wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein. Dermatillomanie ist eine psychische Erkrankung, die sowohl den Geist als auch das Verhalten beeinflusst. Deshalb gilt es, sich seiner Erkrankung bewusst zu werden und einzugestehen, dass Hilfe notwendig ist.

    Auslöser meiden

    Gelegenheit zum Kratzen, Knibbeln und Quetschen bestimmen: Bei einer Dermatillomanie kratzen, knibbeln und quetschen Betroffene in bestimmten Situationen oder an bestimmten Orten an ihrer Haut. Werden Situationen und Orte gemieden, entfällt das Verhalten häufig. Sinnvoll erweist sich zudem die Nutzung von Beschäftigungsmöglichkeiten für die Hände (z. B. Fidget Spinner). Auch das Tragen von Handschuhen oder Kleidung kann das Verhalten verhindern.

    Austausch mit Gleichgesinnten

    Für Menschen mit Dermatillomanie ist es ratsam, sich einer Selbsthilfegruppe anzuschließen. Hier können sie sich mit Gleichgesinnten über die mit der Erkrankung einhergehenden Probleme sowie mögliche Bewältigungsstrategien austauschen. Auch über das Internet lassen sich durch Foren andere Betroffene finden.

    Behandlung der Dermatillomanie

    Professionelle Therapie einer Skin Picking Disorder

    Bei Dermatillomanie ist der Vorsatz, sich in Selbstbeherrschung zu üben und die Haut in Ruhe zu lassen, oft nicht ausreichend. Der innere Zwang ist einfach zu stark. Das macht häufig eine fachgerechte Behandlung notwendig, um der Erkrankung den Kampf anzusagen. Dabei kommen verschiedene Möglichkeiten infrage.

    Die Methode der Wahl bei der psychotherapeutischen Behandlung von Dermatillomanie ist häufig die kognitive Verhaltenstherapie. Sie hilft Betroffenen zu verstehen, wie ihre Gedanken und ihr daraus resultierendes Verhalten miteinander zusammenhängen und wie sie ihr Verhalten ändern können. Sie lernen in der Therapie, negative Gedanken in positive umzuwandeln. Das hilft dabei, bestimmten Auslösern für ihren Zwang sowie den ersten Anzeichen besser zu begegnen. In der Folge erlernen Betroffene ein alternatives Verhalten, bei dem sie sich keinen Schaden zufügen.

    Für einen erfolgreichen Verlauf der Behandlung erweisen sich vor allem zu Beginn der Psychotherapie Medikamente wie Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer als sinnvoll. Sie helfen dabei, zwanghafte Gedanken und zwanghaftes Verhalten zu minimieren.

    Eine Notfallversorgung ist bei Menschen mit Dermatillomanie in der Regel nicht erforderlich. Da die Erkrankung jedoch Schäden an der Haut oder dem darunterliegenden Gewebe verursacht, ist unter Umständen eine ergänzende medizinische Behandlung und Pflege notwendig. Je nach Ausmaß der Hautverletzungen kann dies sogar Hauttransplantationen erforderlich machen.

    Hilfe finden bei Dermatillomanie

    Hilfe finden und annehmen

    Dermatillomanie kann unbehandelt gravierende Folgen nach sich ziehen. Neben Schäden der Haut geht aufgrund des optischen Erscheinungsbildes häufig auch ein sozialer Rückzug mit der Erkrankung einher. Deshalb ist eine therapeutische Behandlung ratsam. 

    Bei einer generellen Angst vor Ärzten und Therapeuten kann unser Selbsthilfe Ratgeber zur Überwindung der Arztphobie hilfreich sein. Dort geben wir hilfreiche Tipps zur Überwindung der Schamgefühle. 

    FAQ zur Dermatillomanie

    Fragen und Antworten zur Skin Picking Disorder

    Bei Dermatillomanie (Skin Picking Disorder) handelt es sich um eine psychische Erkrankung, die der Gruppe der Zwangsspektrumsstörungen zugeordnet wird.

    Betroffene kratzen Wunden auf, bearbeiten PickelMitesser oder bearbeiten teilweise sogar gesunde Haut. Wunden heilen deutlich schlechter, weil Betroffene die Wunden, teilweise auch mit Kruste, immer wieder aufkratzen. 

    In den meisten Fällen ist die Erkrankung chronisch, wobei sich Phasen mit und ohne Symptomatik abwechseln. Der Begriff Dermatillomanie setzt sich auch den griechischen Wörtern „derma“ für Haut, „tillo“ für Ziehen und „manie“ für übermäßiges Verhalten zusammen.

    Die Auslöser für Dermatillomanie sind vielfältig. Stresssituationen (z. B. Streit, Trauer, Leidensdruck) oder Traumata begünstigen das Problem oft. Sind dann Veränderungen oder Verletzungen an der Haut vorhanden (z. B. Pickel, Sonnenbrand, Mückenstiche, Krusten alter Wunden), werden diese intensiv bearbeitet.

    Als psychische Erkrankung verursacht Dermatillomanie bei Betroffenen einen enormen Leidensdruck. Hinzu kommen Auswirkungen auf die Haut. Durch ständiges Aufkratzen entstehen Gewebeschäden, Wunden, Entzündungen, sichtbare Narben und mitunter auch Schmerzen. In einigen Fällen schließen sich die Wunden über mehrere Wochen oder gar Monate nicht, weil sie immer wieder bearbeitet werden.

    Da es sich bei Dermatillomanie um eine Zwangsstörung handelt, ist eine psychotherapeutische Behandlung erforderlich. In der Regel kommen außerdem Medikamente zum Einsatz, welche die zwanghaften Gedanken und das Verhalten reduzieren. Von allein verschwindet die Dermatillomanie üblicherweise nicht.

    Dermatillomanie wird normalerweise von einem Psychiater oder Psychologen diagnostiziert, der auf Grundlage von Gesprächen und Beobachtungen eine umfassende Anamnese erhebt und andere psychische Störungen oder Hauterkrankungen ausschließt.

    Um jemandem mit Dermatillomanie zu helfen, ist es wichtig, Verständnis und Empathie zu zeigen, aufmerksam zuzuhören und nicht zu urteilen. Bieten Sie Unterstützung bei der Suche nach professioneller Hilfe und ermutigen Sie die Person, an Selbsthilfestrategien und Therapie teilzunehmen

    Ja, die Dermatillomanie kann mit anderen psychischen Störungen wie Zwangsstörungen, Angststörungen, Depressionen, Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) und Essstörungen verbunden sein.

    Übersicht:
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      Quellen:

      1. Skin Picking Disorder (Exkoriationsstörung) – MSD Manuals

      Autoren, Überprüfung und Gestaltung:

      Autorin: Julia Dernbach

      Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann

      Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier

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