Tablettensucht
Tabletten- oder Medikamentensucht gehört zu den am weitesten verbreiteten Abhängigkeiten in Deutschland. Nur Tabak liegt in der Rangliste noch weiter vorne als Schmerzmittel. Nach Alkohol auf Platz drei folgen auf Rang vier bereits Schlaf- und Beruhigungsmittel.
Wir beschäftigen uns in diesem Artikel näher mit der Tablettensucht/Medikamentensucht. Gibt es verschiedene Arten? Worin besteht der Unterschied zum Medikamentenmissbrauch? Welche Arzneistoffe haben das höchste Suchtpotenzial? Wie entsteht eine Tablettensucht überhaupt und auf welche Anzeichen müssen Angehörige unbedingt achten, wenn sie den Verdacht haben, dass jemand in ihrem Umfeld abhängig sein könnte?
Außerdem zeigen wir, dass eine Tablettensucht kein Grund für Scham sein muss, niemand Angst vor einer Therapie haben braucht und wo Hilfe zu finden ist.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 10. Juni 2023
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Was ist Tablettensucht?
Der Begriff Tablettensucht wird umgangssprachlich zwar häufig verwendet, ist in Wahrheit aber zu eng gefasst. Treffender wäre der Terminus Medikamentensucht, da Arzneistoffe bekanntlich nicht nur in Tablettenform existieren, sondern in vielen anderen Darreichungsformen erhältlich sind (z. B. Tropfen, Pflaster, etc.).
Eine Medikamentensucht liegt dann vor, wenn ein zunächst zur Linderung von Beschwerden eingesetztes Medikament nach Abklingen der Probleme weiterhin eingenommen wird, obwohl die eigene Gesundheit, die eigene Psyche und das Sozialleben unzweifelhaft darunter leiden.
In der Wahrnehmung Nichtbetroffener bzw. in deren Sprachgebrauch verschwimmen Begriffe immer wieder. So werden etwa Medikamentensucht und Medikamentenmissbrauch oftmals synonym verwendet. Das ist allerdings falsch. Ein Missbrauch liegt dann vor, wenn Tabletten und andere Arzneimittel anders eingenommen werden als vom Arzt vorgeschrieben. Das Ziel ist dabei die Beeinflussung des eigenen Wohlbefindens. Eine Sucht hat hingegen Einfluss auf die Psyche des Betroffenen, eine Abhängigkeit ist entstanden. Was Medikamentenmissbrauch allerdings schon ist: Der erste Schritt auf dem Weg in eine Medikamentensucht.
Arten der Tablettensucht
Subtanzgebundene Abhängigkeiten werden üblicherweise nicht in Unterkategorien eingeteilt. Die einzige Ausnahme: Medikamentensucht. Hier wird aufgrund der konsumierten Dosis zwischen einer Niedrigdosisabhängigkeit (low-dose-dependency) und einer Hochdosisabhängigkeit (high-dose-dependency) unterschieden.
Besteht dann, wenn der Betroffene bei der Einnahme die Vorgaben des Arztes befolgt und die Dosierung auf einem gleichbleibenden Level verharrt. Das klingt zunächst einmal nicht nach einer Sucht und schon gar nicht nach Medikamentenmissbrauch. Und es stimmt, man muss ziemlich genau hinsehen.
Eine Niedrigdosisabhängigkeit zeigt sich durch einen Wirkungsverlust bei gleichbleibender Dosierung und das Auftreten von Entzugssymptomen, wenn die eigentlich niedrige Dosis ausbleibt.
Entsteht meist infolge von Medikamentenmissbrauch. Zentral sind der Gewöhnungseffekt und eine damit einhergehende Toleranzentwicklung für einen bestimmten Wirkstoff. Der Betroffene muss eigenmächtig die Dosis erhöhen, um eine gleichbleibende Wirkung zu erzielen oder sich selbst in einen angestrebten Rauschzustand zu versetzen.
Typisch für eine Hochdosisabhängigkeit sind Arztwechsel oder der Besuch mehrerer Ärzte gleichzeitig. Auf diese Weise soll der Nachschub an Medikamenten gesichert werden.
Das Bundesministerium für Gesundheit von einer Zahl zwischen 1,4 und 1,9 Millionen medikamentenabhängigen Menschen in Deutschland aus. Im Vergleich mit anderen Süchten weist die Tablettenabhängigkeit einige Besonderheiten auf. Vorwiegend davon betroffen sind ältere Menschen, auch ist der Frauenanteil höher als jener der Männer. Besonders die Abhängigkeit von Schlaf- und Beruhigungsmitteln nimmt mit dem Alter zu.1Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit | bundesgesundheitsministerium.de
Risiko für Abhängigkeit
Grundsätzlich gibt es mehrere Medikamentengruppen, denen ein besonders hohes Suchtpotenzial attestiert wird. Laut der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen handelt es sich dabei um:
- Schlafmittel
- Beruhigungsmittel
- Aufputschmittel
- Schmerzmittel
- Hustenmittel
Doch was genau ist es, das diese Medikamentengruppen so gefährlich macht? Welche Inhaltsstoffe weisen hohes Suchtpotenzial auf?
Arzneistoffe wie Lorazepam, Diazepam oder Oxazepam werden vornehmlich bei Angsterkrankungen, massivem Stress oder Schlafstörungen verschrieben. Sie sind ausnahmslos rezeptpflichtig und haben eine beruhigende, entspannende sowie angstlösende Wirkung. Sie bringen Betroffenen enorme Erleichterung im Alltag, können zugleich aber sehr rasch zu einer psychischen und physischen Abhängigkeit führen. Offiziell sollen Benzodiazepine deshalb nicht länger als vier Wochen eingenommen werden.
Die auch als Z-Drugs bekannten Arzneimittel sind in ihrer Wirkung den Benzodiazepinen sehr ähnlich, weisen jedoch eine andere chemische Zusammensetzung auf. Da sie im Gegensatz zu den klassischen Benzos die einzelnen Schlafphasen aber nicht beeinflussen, werden sie besonders häufig bei Ein- und Durchschlafstörungen verordnet. Was das Suchtrisiko betrifft, stehen Zolpidem, Zolpiclon und Zaleplon dem „Original“ allerdings in nichts nach.
Wurden früher häufig als Schlafmittel verschrieben, aufgrund ihrer hohen toxischen Risiken, ist dies heute nicht mehr der Fall. Mittlerweile sind sie als Injektionsnarkotika oder als Antiepileptika im Einsatz.
Wirken schmerzlindern und stimmungsaufhellend und werden vorwiegend für die Behandlung starker bzw. chronischer Schmerzen eingesetzt. Es existiert eine Unterteilung in schwach wirksame und stark wirksame Varianten. Bei einer Überdosierung stark wirksamer Stoffe (z. B. Morphin, Fentanyl oder Oxycodon) besteht Lebensgefahr. Eine normale Rezeptpflicht reicht in diesem Fall nicht aus, stark wirksame Opiate/Opioide sind lediglich gegen die Vorlage eines Betäubungsmittelrezepts erhältlich.
Hinsichtlich der Wirkung lassen sich Opiate und Opioide nicht unterscheiden. Die Differenz liegt in der Herstellung. Während Opiate aus dem (natürlichen) Schlafmohn gewonnen werden, sind Opioide das Ergebnis eines rein synthetischen Produktionsprozesses.
Gründe für Tablettensucht
Verläuft der Alltag in geregelten Bahnen, kommen die allermeisten Menschen ohne medikamentöse Unterstützung aus. Eine Suchtgefahr besteht in diesem Szenario nicht. Leider hält das Leben aber immer wieder große und schwere Prüfungen für uns parat.
Krankheit, Verletzungen, der Tod geliebter Menschen – Ärzte verschreiben in diesen Situationen gerne entsprechende Medikamente. Und setzen sie nicht rechtzeitig ab.
Experten sehen eine Suchtgefahr dann gegeben, wenn Medikamente mit hohem Potenzial über mehrere Wochen und Monate hinweg eingenommen werden (müssen).
- Kurz zusammengefasst kann man also festhalten, dass oft starke anhaltende Schmerzen oder Schicksalsschläge aus Auslöser für eine Medikamentensucht dienen.
Chronische Schmerzen können Menschen dazu führen, schmerzlindernde Medikamente über einen längeren Zeitraum einzunehmen. Das kann zu einer physischen und psychologischen Abhängigkeit führen, insbesondere wenn diese Medikamente starke Opiate enthalten.
Menschen mit nicht diagnostizierten oder unbehandelten psychischen Störungen wie Depressionen, Angstzuständen oder Schlafstörungen können Medikamente missbrauchen, um ihre Symptome zu lindern. Dies kann eine Abhängigkeit fördern, wenn sie regelmäßig eingenommen werden.
Einige Menschen können aufgrund ihrer genetischen Veranlagung oder familiären Muster eine höhere Anfälligkeit für Suchterkrankungen haben. Dies kann dazu führen, dass sie schneller eine Medikamentenabhängigkeit entwickeln.
Die Fähigkeit von Medikamenten, sofortige Linderung oder Befriedigung zu bieten, kann bei manchen Menschen zur Suchtentwicklung beitragen. Die Verknüpfung von Einnahme und unmittelbarem Wohlbefinden kann zu einem Suchtverhalten führen. Hier spielt die Instant Gratification eine große Rolle.
Der moderne Lebensstil kann oft stressig sein, was einige Menschen dazu veranlassen kann, zu Medikamenten zu greifen, um den Stress zu bewältigen. Beruflicher Druck, hohe Anforderungen im Alltag oder der Wunsch nach Perfektion können hierfür Auslöser sein.
Wenn Menschen nicht über ausreichende Bewältigungsmechanismen verfügen, um mit negativen Emotionen oder stressigen Lebensereignissen umzugehen, kann dies zu einer erhöhten Verwendung und somit zu einer Abhängigkeit von Medikamenten führen.
Medikamente können das Belohnungszentrum im Gehirn stimulieren und Dopamin freisetzen, ein Neurotransmitter, der mit Glücksgefühlen verbunden ist. Diese biochemische Reaktion kann Suchtverhalten fördern, da das Gehirn beginnt, diese Dopaminfreisetzung zu begehren.
Die leichte Zugänglichkeit von Medikamenten, sei es durch Verschreibung, Kauf in der Apotheke oder sogar online, kann ebenfalls zur Entstehung einer Abhängigkeit beitragen. Je leichter es ist, an ein Medikament zu kommen, desto wahrscheinlicher ist es, dass eine Person es missbrauchen kann.
Die Verharmlosung und oft sogar gesellschaftliche Akzeptanz von Medikamentenmissbrauch kann dazu beitragen, dass Menschen leichter eine Abhängigkeit entwickeln. Dies gilt insbesondere für rezeptfreie Medikamente und solche, die zur Leistungssteigerung oder Stimmungsverbesserung eingesetzt werden, da ihre Verwendung oft als harmlos oder sogar positiv angesehen wird.
Die Verwendung von Medikamenten zur Verbesserung der Leistung, sei es in der Schule, am Arbeitsplatz oder im Sport, ist ein weiterer möglicher Auslöser für Medikamentenabhängigkeit. Die gesellschaftliche Akzeptanz dieses Phänomens und der Druck, besser zu performen, kann dazu führen, dass Menschen diese Medikamente missbrauchen und schließlich davon abhängig werden.
Hinweise für Angehörige
Kritisch bei einer Medikamentenabhängigkeit ist der Umstand, dass sie von außen sehr schwer zu erkennen ist. Besonders dann, wenn es sich um eine Niedrigdosisabhängigkeit handelt.
Abhängige ziehen sich lange nicht aus der Öffentlichkeit zurück und nehmen normal am gesellschaftlichen Leben teil.
Nimmt der Betroffene weiterhin Medikamente ein, obwohl die ursprünglichen Beschwerden augenscheinlich verschwunden sind? Alles, was über die verordnete Zeit hinausgeht, ist verdächtig.
Sucht der Betroffene immer wieder und in immer kürzeren Abständen (unterschiedliche) Ärzte auf, obwohl er auf den ersten Blick gesund erscheint? Mehrere Bezugsquellen sollen den Nachschub garantieren.
Ändern sich die Einnahmezeiten eines Medikaments bzw. dehnen sie sich aus? Dieser Umstand könnte für einen Gewöhnungseffekt sprechen, der bei Abhängigen in der Regel auftritt. Viele Abhängige nutzen beispielsweise Schlafmittel zur Beruhigung.
Finden sich in der Wohnung bzw. im Müll von Betroffenen viele Medikamentenverpackungen? Die heimliche Einnahme und die ebenso heimliche Beschaffung (teilweise sogar über illegale Kanäle) von Tabletten sind ein eindeutiges Zeichen für eine mögliche Abhängigkeit.
Betroffene können sich einen Alltag ohne ihr Suchtmittel nicht mehr vorstellen und reagieren gereizt auf gezielte Nachfragen zu diesem Thema.

Selbsthilfe gegen Tablettensucht
Wenn Sie versuchen möchten, eine Tablettensucht selbst zu überwinden, können verschiedene Tipps zur Selbsthilfe stehen.
Wir raten jedoch, dass Sie einen Gesundheitsdienstleister oder Suchtberater aufsuchen, wenn Sie Schwierigkeiten haben oder wenn Ihre Gesundheit gefährdet ist. Nachfolgend finden Sie einige Taktiken, die helfen können.
Es kann sinnvoll sein, die Dosis der Medikamente schrittweise zu reduzieren, anstatt abrupt aufzuhören. Dies kann Entzugserscheinungen lindern und den Übergang erleichtern. Eine genaue Planung und die Einhaltung dieses Plans sind hierbei wesentlich.
Offene Gespräche mit Freunden, Familienmitgliedern oder vertrauenswürdigen Personen können helfen, den Druck zu mindern und eine unterstützende Umgebung zu schaffen. Sie können auch über Ihre Fortschritte berichten und um Rat oder Unterstützung bitten.
Neue Hobbys oder Aktivitäten können eine positive Ablenkung bieten und die Zeit, die sonst mit dem Medikamentenkonsum verbracht würde, sinnvoll füllen. Sie können auch neue Fähigkeiten erlernen und das Selbstwertgefühl stärken.
Sport kann das Wohlbefinden steigern, Stress abbauen und helfen, gesunde Routinen zu etablieren. Sie können auch dabei helfen, den Fokus von den Medikamenten wegzulenken und auf die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu richten.
Eine gesunde Ernährung und ausreichender Schlaf können dazu beitragen, den Körper in einem guten Zustand zu halten und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern. Dies kann dazu beitragen, das Verlangen nach Medikamenten zu mindern und die Stimmung zu stabilisieren.
Das Erlernen und Üben von Bewältigungsstrategien für Stress und negative Emotionen kann dabei helfen, die Abhängigkeit von Medikamenten zu reduzieren. Dies kann durch Techniken wie Meditation, tiefe Atmung oder Achtsamkeit erreicht werden.
Ein Bewusstsein für Ihre Gefühle und Verhaltensweisen und das Reflektieren über Ihre Fortschritte können helfen, den Überblick zu behalten und sich auf das Ziel der Überwindung der Abhängigkeit zu konzentrieren. Dabei ist es gut, jeden Fortschritt zu feiern, egal wie klein er auch sein mag, um die Motivation aufrechtzuerhalten und das Gefühl der Erfüllung zu stärken.
Während der Versuch, eine Tablettensucht selbst zu überwinden, lobenswert ist, sollte dies nicht auf Kosten Ihrer Gesundheit geschehen. Zögern Sie nicht, professionelle medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wenn Sie das Gefühl haben, dass Ihre Gesundheit gefährdet ist oder Sie Schwierigkeiten haben, die Sucht selbstständig zu bewältigen.
Schamgefühle wegen Tablettensucht
Es kommt nur ausgesprochen selten vor, dass ein Mensch zum Spaß Medikamente einnimmt, obwohl er eigentlich kerngesund ist. Was diese banale Feststellung aussagen soll?
Dass es in der Regel immer einen Grund gibt, warum ein Arzt Arzneimittel mit hohem Suchtpotenzial verschreibt (starke/chronische Schmerzen, seelische Belastung) – und dass in vielen Fällen Betroffene tatsächlich unverschuldet in eine Medikamentenabhängigkeit schlittern.
Zum Beispiel, weil die Dosierung falsch eingestellt war. Oder weil das Präparat zu spät abgesetzt wurde. Oder weil von Natur aus eine Anfälligkeit bestanden hatte.
Der Übergang zwischen normalem Medikamentengebrauch und Tablettensucht ist fließend. Eine Abhängigkeit entwickelt sich oft unbemerkt. Wenn sich ein entsprechender Verdacht einschleicht, ist es meist schon zu spät.
Oder genauer gesagt: Es ist exakt der richtige Zeitpunkt, um den ersten Schritt raus aus der Abhängigkeit zu setzen. Denn nichts ist im Kampf gegen eine Sucht wichtiger, als die Erkenntnis, abhängig zu sein.
Keine Angst vor der Therapie!
Den Weg aus der Tablettensucht heraus finden die Allerwenigsten selbst. Es braucht professionelle Hilfe, um die Abhängigkeit hinter sich zu lassen. Sich genau diese benötigte Hilfe zu suchen, kostet aber viel Überwindung. Und das aus mehreren Gründen:
- Man schämt sich für seine Abhängigkeit.
- Man glaubt, den Weg heraus aus der Sucht noch selbst zu schaffen.
- Man möchte sich selbst nicht eingestehen, dass man ein Problem hat.
- Man schreckt vor den Aufgaben/Entbehrungen zurück.
- Man hat (die irrationale) Angst davor, dass das ursprünglich behandelte Leiden nach dem Absetzen der Medikation wieder zurückkommt.
- Man fürchtet die Entzugserscheinungen.
- Man will vermeiden, in einer Klinik/Einrichtung eingesperrt zu werden.
Viele dieser Befürchtungen sind aber unbegründet bzw. haben sie ihren Ursprung in längst vergangenen Zeiten, als die Therapieformen noch weit von den heute praktizierten Ansätzen waren.
Moderne Suchttherapie funktioniert nämlich ganz anders als noch vor 10-15 Jahren. Körperliche Entzugserscheinungen lassen sich abmildern, Patienten werden außerdem längst nicht mehr nur stationär behandelt. Ausgehend vom Allgemeinzustand des Betroffenen können die Behandlungen auch ambulant durchgeführt werden. Die Betreuung wird in der Regel individuell angepasst. Angst vor einer Therapie muss also niemand haben.
Hilfe gegen Medikamentensucht
Die größten Chancen für die Überwindung einer Tablettenabhängigkeit bieten speziell dafür ausgebildete Therapeuten. Sie wissen, wo sie den Hebel ansetzen müssen und wie sie die notwendigen Maßnahmen am besten kombinieren können.
Einen passenden Spezialisten zu finden, ist im ersten Moment gar nicht so einfach. Wer nicht selbst nach einer guten Lösung suchen möchte, der kann sich seinem Hausarzt anvertrauen. Der weiß in der Regel genau, an welche Stellen er sie weitervermitteln muss. Dazu gibt es in jedem Bundesland zahlreiche Anlauf- und Beratungsstellen, die alle weiteren Schritte in die Wege leiten können.
Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.:
Hier finden Menschen mit Suchtproblematik umfassende Hilfe. Die Palette reicht dabei von klassischen Beratungsgesprächen über Prävention bis hin zur Selbsthilfe. Außerdem werden zahlreiche Behandlungen angeboten, für die es die Bewilligung von Kostenträgern braucht – zum Beispiel Entzug, Entwöhnung oder Eingliederungshilfe. Auf der Website der DHS findet sich außerdem ein umfassendes Suchthilfeverzeichnis, in dem passende Angebote für jede Region in Deutschland aufgelistet sind. Website: www.dhs.de
Suchtberatung Deutsches Rotes Kreuz:
Professioneller Support im Kampf gegen die Abhängigkeit. Dazu kommt ein Angebot an Selbsthilfegruppen sowie ein aus ganz Deutschland erreichbares Sorgentelefon. Das Rote Kreuz vermittelt außerdem stationäre Behandlung und Nachsorge. Website: www.drk.de
Für welchen Weg Sie sich auch immer entscheiden, wichtig ist es, den ersten Schritt zu setzen. Wer diesen nicht wagt, kann seine Abhängigkeit niemals überwinden. Sie haben es vermutlich schon unzählige Male gehört, das macht es aber nicht weniger wahr: Hilfe anzunehmen, ist kein Zeichen von Schwäche, sondern ein Zeichen von Stärke!
Ängste überwinden
Haben Sie Angst oder fühlen Sie sich unwohl bei dem Gedanken, mit Ärzten, Therapeuten oder Beratern über Ihre Tablettensucht zu sprechen? Sie sind nicht allein. Viele Menschen zögern, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, sei es aufgrund von Scham, Angst oder einfach Unsicherheit.
Unser Selbsthilfe-Ratgeber kann Ihnen jedoch wertvolle Tipps und Strategien liefern, um diese Hürden zu überwinden.
Hier finden Sie eine Vielzahl von Techniken und Methoden, die Ihnen dabei helfen können, sich auf Gespräche mit Ärzten oder Therapeuten vorzubereiten, Ihre Gefühle und Bedenken auszudrücken und Ihre Angst vor der Therapie erfolgreich zu überwinden.
- Und denken Sie immer daran: Es ist völlig in Ordnung, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche.
FAQ über Tablettensucht
Anzeichen einer Tablettensucht können körperliche, verhaltensbezogene und emotionale Veränderungen umfassen. Dazu gehören eine gesteigerte Toleranz gegenüber dem Medikament, Entzugserscheinungen, der Versuch, die Einnahme zu stoppen oder zu reduzieren, aber das Scheitern dabei. Sowie die Verwendung des Medikaments trotz negativer Auswirkungen auf das Leben und die Gesundheit.
Die Überwindung einer Tablettensucht kann ein schrittweiser Prozess sein, der häufig eine Kombination aus medizinischer Behandlung, Beratung und Selbsthilfestrategien erfordert.
Dazu gehören das schrittweise Ausschleichen der Medikamente, Unterstützung durch Gespräche, Hobbys und Aktivitäten zur Ablenkung, Sport und Bewältigungsstrategien.
Sollte dies nicht helfen, kann die Inanspruchnahme professioneller medizinischer Hilfe nötig sein.
Langfristige Auswirkungen einer Tablettensucht können eine dauerhafte Schädigung der Organe, eine verminderte geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, chronische Gesundheitsprobleme, Schwierigkeiten in sozialen und beruflichen Beziehungen und ein erhöhtes Risiko für Selbstmord oder Überdosis umfassen.
Die Behandlung kann medizinische Therapie, Beratung, Selbsthilfegruppen und in einigen Fällen stationäre Behandlung umfassen.
Ein Entzug kann körperliche und psychische Symptome wie Unruhe, Schlafstörungen, Schweißausbrüche und Angst verursachen. In schweren Fällen kann ein medizinisch überwachter Entzug erforderlich sein.
Abhängigkeit bezieht sich auf körperliche Symptome, die bei fehlender Einnahme des Medikaments auftreten, während Missbrauch den unsachgemäßen Gebrauch des Medikaments zur Erzielung einer Wirkung bezeichnet, oft trotz negativer Folgen.
Ja, eine Tablettensucht kann das Risiko für andere Suchterkrankungen erhöhen, insbesondere wenn sie als Bewältigungsmechanismus für Stress oder emotionale Probleme dient.
Quellen:
- Medikamentenmissbrauch und -abhängigkeit | bundesgesundheitsministerium.de
- Medications for Substance Use Disorders – samhsa.gov
- Addiction Treatment Medications – addictioncenter.com
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier