Süchtig nach Likes
Der Beitrag ist online, jetzt müssen bald die ersten Likes kommen: Dieses typische Social-Media-Verhalten ähnelt einer klassischen Sucht. Tatsächlich scheinen Likes glücklich zu machen – aber auch neidisch, frustriert und oft auch süchtig.
Wir klären auf ab wann jemand Like-Süchtig ist, wodurch die Sucht nach Likes ausgelöst wird und welche Tipps dabei helfen können, die Sucht nach den Likes zu reduzieren.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 9. Januar 2023
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Studienergebnisse zeigen, dass Likes auf Instagram, TikTok, Facebook und anderen Social-Media-Kanälen Glückshormone wie Dopamin aktivieren. Das heißt, sie funktionieren ähnlich wie Schokolade. Wer bei der Nutzung der sozialen Medien positive Gefühle erlebt, möchte immer mehr davon haben – und ist damit suchtgefährdet.
Auf die ersten Postings kommen die Likes: Diese stärken das Selbstbewusstsein und lösen Glücksgefühle aus. Doch im Vergleich mit Prominenten und Influencern fühlen sich die zumeist noch jungen Leute weniger schön und talentiert. Das kann zu Minderwertigkeitskomplexen führen, sodass die Betroffenen immer unzufriedener mit sich selbst werden. Umso mehr Aufwand wird für neue Posts und für die erhofften Likes betrieben: So beginnt der Teufelskreis.
Teilweise ja, denn das positive Feedback anderer Menschen sorgt sofort für Bestätigung und somit auch für gute Laune. Die virtuelle Zustimmung stimuliert das Belohnungszentrum im Gehirn. Drogen sind nicht nötig, trotzdem gilt die exzessive Social-Media-Nutzung als Suchtverhalten. Ähnlich wie beim Spielautomaten hoffen die Nutzer auf einen Gewinn – auch wenn es sich nur um eine virtuelle Belohnung handelt.
Die „gelikten“ Influencer scheinen erfolgreiche Menschen zu sein, doch viele leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl oder sie sind narzisstisch veranlagt. Beide Extreme hängen oft mit erschwerten Bedingungen zusammen. Familiäre Probleme durch überstrenge Eltern oder zu wenig Unterstützung verschlimmern das Problem. Traumata oder eine gewisse Veranlagung zu Depressionen wirken sich ebenfalls negativ auf die psychische Gesundheit aus.

Beeinflussung von Likes
Wer keine Likes erhält, verspürt Frustration, vor allem im Vergleich mit anderen Bloggern und Usern.
Auch wenn die meisten Online-User wissen, dass die Social Media nicht real sind oder zumindest „schön gemacht“, verspüren sie schnell Neid, wenn sie das vermeintlich perfekte Leben der Influencer sehen.
Das wirkt sich negativ auf das eigene Selbstwertgefühl aus. Gegen die trüben Gedanken sollen Likes helfen. Die machen nicht nur diejenigen glücklich, die ein Post eingestellt haben.
Auch das Vergeben von Likes hebt die Stimmung. Damit das auch funktioniert, müssen die Schenkenden aber selbstlos handeln. Wer nur Likes vergibt, um im Gegenzug selbst eine positive Rückmeldung zu bekommen, bei dem reagiert das Belohnungszentrum nicht, denn hier fehlt die selbstlose Aktion.
Noch mehr Likes vergeben und erhalten, noch bessere Posts einstellen – immer stärker dreht sich das Leben um die virtuellen Pluspunkte. Ideale werden nicht mehr hinterfragt, schlechte Laune darf kein Thema sein. Aus dem verstärkten Drang nach Likes kann eine belastende Internetsucht entstehen.

Anzeichen einer Like Sucht
Die Fotos von der Party sind ganz okay, aber das Bild vom nächsten Morgen darf auf keinen Fall ohne Überarbeitung gepostet werden. Geschickt retuschieren die Instagram-Poster ihre Problemzonen, bevor sie sich in den Social Media verewigen.
Wer seine Postings in Feinarbeit überarbeitet und dafür viel Zeit investiert, verliert das Gefühl für Verhältnismäßigkeit. Die Betroffenen möchten möglichst viele Likes bekommen. Einige Betroffene würden sogar Likes kaufen, um sich einen Kick zu geben und das Gefühl noch stärker zu verspüren.
- Ständig wird der aktuelle Status mit den Likes gecheckt
- Neue Posts von Freunden und Konkurrenten werden verglichen
- Zu wenig Likes verursachen schlechte Laune
- Die Betroffenen können kaum noch zwischen realer Welt und Internet unterscheiden
- Immer mehr Zeit und Geld wird in die sozialen Medien und Posts investiert

Test: Bin ich süchtig nach Likes?
Im Internet gibt es ein paar Portale mit Testfragen, die darauf abzielen, die Sucht nach Likes zu erkennen. Die Social Media stellen vor allem für junge Leute eine wachsende Gefahr dar.
- Wie oft wird Instagram & Co am Tag geöffnet?
- Wie viel Zeit brauchst du für die Erstellung eines Posts (inkl. Filter, Hashtags usw.)?
- Wie oft checkst du die Kommentare und die Zahl der Likes und Follower?
- Wie wichtig ist der Vergleich mit anderen?
- Bestimmen die Likes und Kommentare die tägliche Stimmung?
- Hast du schlechte Laune wenn du nichts neues posten kannst?
- Wie sehr lässt du dich von Likes beeinflussen?
Im schlimmsten Fall führen die fehlenden Likes oder negativen Kommentare zu psychischen Problemen und depressiven Stimmungen. Je nachdem, wie weit fortgeschritten die Sucht ist, können auch der Job und die Beziehungsfähigkeit leiden.

Tipps gegen Like-Sucht
Oft basiert die Sucht nach Likes auf der Angst, nicht gut genug zu sein. Dazu kommt die Angst, etwas zu verpassen. Doch Likes sind keine echte Anerkennung und erst recht kein Ersatz für reale Freunde. Darum ist es wichtig, etwas gegen die Internetsucht zu unternehmen.
Es fällt schwer, eine eindeutige Grenze zwischen normaler Social-Media-Nutzung und Suchtverhalten zu ziehen. Meistens sprechen Psychologen dann von einer Sucht, wenn sich die Betroffenen nicht mehr frei entscheiden können.
Der komplette Verzicht auf das Smartphone ist kaum möglich. Doch regelmäßige Pausen vom Internet helfen dabei, sich wieder selbstbestimmt und frei zu fühlen.
Wer sich seine Abhängigkeit von Likes bewusst macht, der hat bereits den ersten Schritt in die richtige Richtung getan.
- Mehr Wert auf Privatsphäre legen
- Beiträge drastisch reduzieren
- Mehrere Tage offline bleiben
- Die Kanäle und Follower reduzieren (entfolgen, aussortieren)
- Es ist schwierig, die gewohnten Muster zu durchbrechen und seinen Drang nach Neuigkeiten zu überwinden. Ohne eine gewisse Disziplin geht es nicht.
Digital Detox
Digital Detox funktioniert ein bisschen wie kalter Entzug. Wer von den Social Media freikommen will, nimmt sich gerne eine Auszeit. Damit die Sucht danach nicht wieder zurückkehrt, ist jedoch etwas mehr nötig als ein Wochenende ohne Smartphone und Laptop.
Vielen suchtgefährdeten Menschen fällt es leichter, ihre selbstzerstörerischen Gewohnheiten außerhalb des Alltags loszuwerden. Die Nähe zu anderen Menschen und neue Erlebnisse stärken das Selbstbewusstsein. Da gibt es noch etwas anderes als Instagram und Likes: das echte Leben.
Es ist normal, dass Menschen gemocht werden wollen. Es ist jedoch ungesund, sich immer nur von der besten Seite zu zeigen und sich von der Bestätigung anderer abhängig zu machen. Likes sind nicht lebenswichtig : Wer das erkennt, weiß die Daumen nach oben (und nach unten) besser einzuschätzen und lässt sich davon nicht irritieren. Zum Glück zeigen immer mehr Influencer und Blogger, wie langweilig die perfekte Selbstdarstellung sein kann. Stattdessen tauchen immer mehr unverblümte, ehrliche Posts auf.
Wie funktioniert Digital Detox?
- Push-Nachrichten deaktivieren.
- Smartphone für zwei Stunden ausstellen oder außer Reichweite ablegen.
- Apps nur am PC/am Schreibtisch nutzen.
- Screen auf Schwarz-weiß stellen, sodass die Signalfarben nicht mehr triggern können.
- Diese Tricks helfen dabei, die Symptome der Like-Sucht zu bekämpfen. Um das Problem selbst zu bewältigen, ist Disziplin nötig – und ggf. psychologische Unterstützung.
Psychotherapeutische Hilfe
Wenn Jugendliche und Erwachsene unter internetbezogenen Störungen leiden, kann eine Therapie sinnvoll sein. Im Rahmen der Psychotherapie lernen die Betroffenen, verantwortungsbewusst mit den Social Media Plattformen umzugehen.
Bei der Online-Spielsucht sowie bei der Sucht nach Likes ordnen die Süchtigen immer mehr Lebensbereiche dem Internet unter. Auch wenn sie die negativen Aspekte sehen, schaffen sie es nicht, ihr Verhalten zu ändern.
Umso wichtiger ist die professionelle Hilfe eines Psychotherapeuten, um aus dem Sog herauszukommen. Um einen passenden Psychologen zu finden, empfehlen wir die Suche auf Jaemda.
Aktuell können wir leider keine Online-Therapie empfehlen. Wir bemühen uns in Zukunft passende Angebote für eine therapeutische Online-Behandlung zur Verfügung zu stellen.
Quellen:
- Empty Likes: Social Media Addiction and the Erosion of Self-Esteem – ashevilleacademy.com
- Addicted to Likes: How Social Media Feeds Our Neediness – www.thecut.com
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann