Vorarephilie
Bei der Vorarephilie handelt es sich um eine ungewöhnliche Sexualpräferenz. Die Betroffenen fühlen sich von der Vorstellung sexuell erregt, dass sie jemanden verschlingen oder diesen Vorgang beobachten.
Typischerweise bezieht sich die Vorarephilie auf das Verschlingen eines Menschen, manchmal stellen sich die vorarephilen Personen aber auch vor, ein Tier oder Monster zu verschlingen.
Es gibt auch Fälle, in denen sich die Fantasien auf das Essen von einzelnen Körperteilen beziehen. Streng genommen handelt es sich hier aber nicht um Vorarephilie, die das Verschlingen im Ganzen meint.
Wir klären über den seltenen Fetisch auf und erklären woher die Fantasie kommt und wie man sie eventuell wieder überwindet, falls es eine Belastung für den Alltag und die Sexualität darstellt.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 11. Februar 2023
Startseite » Psychologie » Sexualstörungen » Vorarephilie
Der Begriff Vorare stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Verschlingen. Die -philie (griechischer Ursprung) zeigt an, dass es sich um eine Vorliebe handelt.
Die meisten vorarephilen Menschen verschweigen ihre Sexualpräferenz und stellen sich vor, wie sie andere Menschen oder auch Tiere im Ganzen verschlingen. In Fantasien kann es auch vorkommen, dass sie ihren eigenen Partner oder sogar sich selbst essen. Doch nach außen hin bleibt diese spezielle Vorliebe unentdeckt. Es gibt aber auch Betroffene, die sich (vorwiegend online) austauschen und über ihre Vorarephilie sprechen.
Von Vorarephilie ist die Rede, wenn die Fantasien vom Verschlingen über sechs Monate ständig auftreten und wenn sie ein Hauptbestandteil der sexuellen Erregung ist. Einige Betroffene können ohne diese Fantasien nicht zum Höhepunkt kommen. Oft tritt die Vorarephilie mit anderen Paraphilien auf. Dominanz und Unterwerfung, Lust und Schmerz spielen dabei eine große Rolle.

Formen der Vorarephilie
Die vorarephilen Fantasien haben nicht immer den Tod zum Thema. Das heißt, die Betroffenen möchten nicht unbedingt jemanden töten oder sterben. Im Mittelpunkt steht eher der Grundgedanke, jemanden zu „verbrauchen“ oder verbraucht zu werden – also eine Art Konsum.
Die Vorarephilie ist ein Fetisch, der nichts mit Kannibalismus zu tun hat. In ihrer Grundform bezieht sie sich auf das komplette Verschlingen, was nur in der Fantasie funktioniert, beispielsweise in surrealen Bildern oder Monsterfilmen.
- Der sexuelle Lustgewinn beim Anschauen solcher Bilder und Filme.
- Die Stimulation durch die Vorstellung, selbst komplett verschlungen zu werden.
- Die Erregung durch die Fantasie, ein anderes Lebewesen zu verschlingen.
Im Normalfall wird diese Sexualpräferenz nicht praktisch ausgelebt, sondern nur in der Fantasie. Allerdings scheint es eine Verbindung zwischen Vorarephilie und Kannibalismus zu geben. Dies hängt davon ab, wie stark der Fetisch ausgeprägt ist und welche anderen Paraphilien vorliegen. Die reine Vorarephilie gilt als harmlos. Doch in seltenen Fällen kann sie zur Wirklichkeit werden.
Einige bezeichnen die Vorarephilie als krankhafte Störung der Persönlichkeit, andere halten diese Meinung für falsch. Die individuellen sexuellen Vorlieben lassen sich jedenfalls nicht einfach unterdrücken. Allerdings findet die Lust am Verschlingen vorwiegend in der Fantasie statt. Die Betroffenen sind sich dabei immer bewusst, dass ihre Vorstellungen nichts mit der Realität zu tun haben. Darum sind vorarephile Menschen keineswegs „potenzielle Kannibalen“.
Auslöser der Vorarephilie
Auf der Suche nach den Ursachen scheint es um Macht zu gehen, um Herrschaft und Unterlegenheit, um Kontrolle und Energie. Die starke Person verschlingt die andere – die gewissermaßen verbraucht wird.
Menschen mit Paraphilie machen gerne Rollenspiele mit einer deutlichen Machtverteilung. Das ist ihre Art, die Fantasien auszuleben. Wer sich im Spiel oder in der Vorstellung verschlingen lässt, möchte die Kontrolle verlieren. Wer lieber den anderen verschlingt, wünscht sich vielleicht mehr Macht oder eine stärkere Selbstkontrolle.
Bei der Ursachenforschung zeigt sich, dass schlechte familiäre Verhältnisse die Vorarephilie verstärken können. Auch emotionale Probleme können dazu führen, dass eine Art Wunsch nach Assimilation entsteht. Möglicherweise wollen die Betroffenen mit einem anderen Wesen verschmelzen oder mit ihrer Erinnerung klarkommen.
Nur selten liegt eine grundlegende psychopathische Veranlagung vor. Das gilt vor allem für die Fälle, in denen die Betroffenen versuchen, ihre Fantasien in der Realität umzusetzen.
Vorarephilie überwinden
Vorarephile Menschen haben nicht unbedingt das Bedürfnis, ihren Fetisch zu bekämpfen. Viele Betroffene genießen ihre inneren Fantasien und finden eventuell sogar auch Partner, die sich für diese spezielle Sexualpräferenz begeistern.
- Sollte der Fetisch jedoch belastend sein, kann eine Therapie bei der Überwindung helfen.
Nur mit den fantasierten Bildern vom Verschlingen zur sexuellen Erfüllung kommen – wer sich davon befreien möchte, kann sich an einen Psychotherapeuten wenden. Ein Fetisch ist zwar nicht einfach zu überwinden, aber die Betroffenen können lernen, den oft brutalen Bildern weniger Bedeutung zu geben.
Das Ziel besteht hauptsächlich darin, auch ohne die Fantasien eine sexuelle Erregung zu verspüren. Dafür empfiehlt sich eine kognitive Verhaltenstherapie, die auch bei anderen Paraphilien empfohlen wird.
Bei einer stark ausgeprägten Vorarephilie sprechen die Psychologen von einem gesteigerten Krankheitswert. Dies ist der Fall, wenn die Betroffenen nur noch mithilfe ihrer Verschlingungs-Fantasien sexuell erregt sind. Zusätzlich zu einer intensiven Gesprächstherapie kommt Hypnose als Behandlungsmethode infrage.
Für die verschiedenen Fälle gibt es jeweils die geeigneten therapeutischen Angebote. Die Erfahrungswerte sind bisher jedoch gering. Umso schwieriger ist es für die Betroffenen und auch für die Psychotherapeuten, die geeigneten Behandlungsmethoden zu finden. Bei erfahrenen Sexualtherapeuten oder auch Online Sexual Coaches kann allerdings bereits ein offenes Gespräch helfen, mit dem Fetisch besser umzugehen. Nur wer offen darüber spricht, kann auch Hilfe erwarten.
Aktuell können wir leider keine Online-Therapie empfehlen. Wir bemühen uns in Zukunft passende Angebote für eine therapeutische Online-Behandlung zur Verfügung zu stellen.
Quellen:
- What Is Vorarephilia? – scienceabc.com
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann