Urophilie
Bei Urophilie handelt es sich um eine tabuisierte sexuelle Vorliebe: Hier wird der Urin zum Fetisch. Der Urin selbst oder auch das Urinieren führt also zur sexuellen Erregung. Wer sich davon stimuliert fühlt und einen Sexualpartner findet, der ähnlich empfindet, kann seinen Trieb problemlos ausleben.
So ausgefallen die Urophilie auch erscheint: Grundsätzlich gibt es keine Gründe, die dagegen sprechen. Wir informieren über interessante Fakten zu dem tabuisierten Thema.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 14. April 2023
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Warum gibt es Urophilie?
Urin gilt als eklig, die meisten Menschen bekommen das schon in der Kindheit vermittelt. Doch das sexuelle Spiel mit Urin gibt es schon seit mehreren Jahrhunderten. Darauf weisen Erzählungen von Marquis de Sade und anderen sexuell offenen Menschen hin.
In der jüngeren Vergangenheit rückt die Urophilie immer weiter in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Das zeigt sich beispielsweise in den Zahlen der Sexcommunity-Mitglieder, die angeben, dass sie Natursekt mögen.
Manchmal werden auch Menschen zu Urophilisten, die sich früher allein bei dem Gedanken daran ekelten. Doch der sinnliche Umgang mit Urin bringt sie in Stimmung. Das Interesse an Sexspielen mit Urin steigt offensichtlich. Aus dem früheren Tabu wird ein neues Experiment, das die eigene Sexualität beeinflusst.
Grundsätzlich können Menschen jedes Geschlechts urophile Praktiken ausüben. Ähnlich wie bei anderen Praktiken, die die Körperausscheidungen betreffen, ist die gesellschaftliche Akzeptanz sehr gering. Darum outen sich nur wenige Personen als Urophilisten, sodass es keine verlässlichen Statistiken gibt.
Ist die Lust auf Urin abnormal?
Gemäß einer medizinisch-psychologischen Erklärung handelt es sich bei der Urophilie um eine Störung der Sexualpräferenz und damit um eine Paraphilie. Gemäß der internationalen statistischen Klassifikation wird sie bei den nicht näher bezeichneten Störungen eingruppiert.
Allerdings gilt diese Art der Störung in der sexualmedizinischen Diagnostik nicht als pathologisch oder behandlungsbedürftig. Erst wenn der Fetisch die normale Sexualität komplett ersetzt, ist von einer pathologischen Störung die Rede. Dann leiden die Betroffenen verstärkt unter der unzureichenden sexuellen Befriedigung, wenn sie auf den Fetisch verzichten.
Die Urophagie ist eine Variante der Urophilie. Sie bezieht sich auf den Lustgewinn durch das Trinken des sogenannten „Natursekts“, also des Urins. Eher selten ist das Urinieren in die Vagina oder den Anus des Partners. Auch weitere Varianten, den Urin in die Sexual-Spiele zu integrieren, sind möglich (Wet Games, Watersports).
Ist Natursekt gefährlich?
Im Allgemeinen sprechen keine medizinischen Gründe gegen Praktiken mit frischem Urin. Im Urin ist die Konzentration von Bakterien nur gering.
Zudem sind die Bakterien für gesunde Menschen normalerweise harmlos und damit ungefährlich. Allerdings raten Mediziner davon ab, gelagerten Urin zu verwenden, da sich die Flüssigkeit schnell verkeimen kann.
Der Urin einer erkrankten Person ist hingegen ein Risiko. Vor allem bei Infektionen mit Hepatitis A besteht die Gefahr einer Übertragung. Laut AIDS-Hilfe sind die Sexualpraktiken mit Urin aber unbedenklich in Bezug auf HIV, vorausgesetzt, es wird kein Blut übertragen.
Sexspiele mit Urin
Die Bedeutung von Urin kann vielschichtige Ursachen haben. Einige Sexualwissenschaftler sehen einen Zusammenhang zwischen Urophilie und Sadismus oder Masochismus. Hier geht es beispielsweise um die Demonstration von Dominanz und Kontrolle. Wie bei anderen Sexualpraktiken spielt das explizite Einverständnis zwischen den Partnern eine Rolle.
Wer Sexualpraktiken mit Urin durchführen möchte, fühlt sich von verschiedenen Motiven geleitet. Ob es um das Prinzip von Belohnung und Bestrafung geht oder einfach um erotische Experimente, die Ursachen sind nicht immer eindeutig. Warum gefällt dem einen die besondere Macht – und warum findet der andere seine Lust in der Unterwerfung?
- Ausleben von Dominanz und Demütigung (auf der dominanten Seite)
- Demonstration von Hilflosigkeit und Ergebenheit (auf der unterlegenen Seite)
- Objektifizierung (der unterlegene Partner wird zum Gegenstand reduziert)
- Strafe und Belohnung führen auf beiden Seiten zur Luststeigerung
- Verstärkte Kontrolle über den Harndrang
- Sehnsucht nach dem besonderen Lustgewinn
In der erotischen und pornografischen Literatur hat die Urophilie eine erstaunlich lange Geschichte. Unter anderem schreibt der Marquis de Sade über das Urinieren im Zusammenhang mit sexuellen Praktiken. In dem Song „Bobby Brown“ singt Frank Zappa von der Golden Shower. John Grisham beschreibt in seinem Roman „Die Jury“ eine Szene, in der das Urinieren als gewalttätiger Akt stattfindet.
Urin beim Sex – Tabu oder normal?
Die Urophilie gilt auch in der heutigen, relativ freizügigen Zeit als Tabu. Doch es gibt deutlich mehr urophile Menschen als vermutet. Aus medizinischer Sicht gibt es keine Einwände gegen diese Praktiken. Die psychologische Perspektive befasst sich vor allem mit den Ursachen für diese sexuelle Vorliebe.
Wer Urophilie praktiziert, genießt vor allem die Freiheit, diese besondere Lust auszuleben. Wichtig ist, dass die urophilen Menschen dies in einer sicheren Umgebung tun können und den Praktiken auch wirklich zustimmen. Gerade das Spiel von Dominanz und Unterordnung kann bei einigen Menschen zu einer sexuellen Erfüllung führen.
Urophilie mag eher ungewöhnlich sein, aber letztendlich ist die sexuelle Befriedigung Privatsache. Es gibt also keine Gründe, sich gegen die eigene Sexualität zu stellen, wenn die Beteiligten damit einverstanden sind. Wer seinen Trieb ausleben möchte, kann sich auf die Suche nach Gleichgesinnten begeben.
Manchmal hilft ein kleines Experiment, die Unsicherheit zu überwinden: Vielleicht lösen die urophilen Praktiken doch nicht die gewünschten Lustgefühle aus.
Wer Angst hat, mit seinem Partner darüber zu reden, kann seine Lust auf Urin heimlich ausleben oder sie verdrängen. Eventuell lohnt es sich auch, die Angst zu überwinden und das Gespräch zu suchen. Möglicherweise ist der Partner ebenfalls experimentierfreudig
Vorliebe zu Urin überwinden
Wer unter der Vorliebe zu Urin leidet und sich von der Sexualpraktik distanzieren möchte, kann mit Sexualtherapeuten über eine mögliche Therapie sprechen.
Über Google lassen sich Sexualtherapeuten in der Nähe finden. Auf Rückfrage können diese Therapeuten eventuell auch eine Online Beratung ermöglichen.
Wenn Sie sich vor dem offenen Gespräch mit Therapeuten oder Sexualcoaches fürchten, kann unser Selbsthilfe Ratgeber Artikel Ihnen dabei helfen, die Angst zu überwinden und die Kontaktaufnahme zu erleichtern. Für Sexualtherapeuten ist dieses Thema nichts neues.
FAQ zur Urophilie
Urophilie, auch als Natursekt bekannt, ist eine sexuelle Vorliebe, bei der eine Person durch Urin oder das Urinieren erregt wird.
Urophilie ist eine weniger verbreitete sexuelle Präferenz, aber es gibt Menschen, die sie praktizieren und genießen.
Praktizierende Urophilisten haben ihre Codes, um ihre Neigungen schnell zu erkennen. Typische Codewörter sind Golden Shower, Natursekt und Wassersport.
Solange die Beteiligten einverstanden sind und auf Hygiene achten, ist Urophilie im Allgemeinen nicht gefährlich oder ungesund. Dennoch können Infektionen entstehen, wenn Urin in Wunden oder Schleimhäute gelangt.
Die Gründe können von Person zu Person variieren. Einige finden die Demütigung oder Unterwerfung erregend, während andere das Gefühl von Nähe und Intimität schätzen.
Ja, es gibt verschiedene Formen von Urophilie, wie z.B. das Anpinkeln, das Trinken von Urin oder das Beobachten anderer beim Urinieren.
Ja, Urophilie bzw Natursekt kann als Fetisch betrachtet werden, da sie eine spezifische sexuelle Vorliebe für Urin oder urinbezogene Aktivitäten beinhaltet.
Urophilie allein ist kein Zeichen für psychische Probleme, solange sie in einem einvernehmlichen und gesunden Kontext ausgeübt wird.
Um Natursekt bzw. sexuelle Spiele mit Urin sicher und hygienisch auszuüben, sollten alle Beteiligten einverstanden sein, klare Grenzen setzen, und auf eine gute Körperhygiene achten. Außerdem sollte man darauf achten, Urin nicht in Wunden oder Schleimhäute gelangen zu lassen.
Quellen:
- Peeing During Sex: What You Should Know – Healthline
- Peeing During Sex: The Why and How to Fix It – INTIMINA
- Urolagnia – Wikipedia
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier