Nekrophilie
Sex und Tod – dieser Gegensatz übt auf Nekrophile eine große Faszination aus. Die Liebe zu einem Toten, also die Nekrophilie gilt als Paraphilie, also als außergewöhnliche Sexualneigung. Manchmal geht es den Betroffenen nur darum, die Nähe von Leichen zu genießen. Bei einigen steigert sich dieser Wunsch bis hin zum Sex mit Toten bzw. leblosen Körpern. Wir haben einige Informationen gesammelt, um die Hintergründe genauer zu betrachten.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 13. April 2023
Startseite » Psychologie » Sexualstörungen » Nekrophilie
Nekrophile Personen fühlen sich Sex mit Toten erregt. Abhängig vom Grad der Nekrophilie bleibt es bei leichten Berührungen oder geht bis zur Leichenschändung. In Extremfällen werden pathologische Gewalttäter zu Mördern, die sich an den Leichen vergehen.
Wer unter seinen eigenen nekrophilen Neigungen leidet und rechtliche Konsequenzen befürchtet, sollte sich an einen Psychotherapeuten wenden. Die Therapie kann dann nur über Kommunikation oder sogar mit Medikamenten erfiolgen.

Stufen der Nekrophilie
Die verschiedenen Berichte von Menschen mit nekrophilen Neigungen zeigen, wie unterschiedlich diese Paraphilie aussehen kann. Oft bleibt es bei sexuellen Fantasien und bei einer morbiden Berufswahl.
Viele Betroffene werden sich erst dann ihrer Nekrophilie bewusst, wenn sie mit einem Leichnam in Kontakt kommen. Sie verspüren romantische Gefühle, möchten die Haut des Toten anfassen und möglichst lange die Nähe genießen.
In der Psychotherapie gibt es eine Abgrenzung der Pseudo-Nekrophilen von den „richtigen Nekrophilen“. Außerdem zeigt eine Abstufung, wie breit das Spektrum von harmlosen, eher romantischen Fantasien bis zum brutalen Nekrosadismus ist.
Zu der Klasse I gehören die Rollenspieler, die ihre Fantasien lediglich inszenieren. Im Allgemeinen bleiben sie dabei innerhalb der gesetzlichen Regeln. Sie suchen sich Partner, die sich totstellen, um sexuelle Erregung zu verspüren. Wiedererweckung, Vampirgeschichten: Solche erotischen Rollenspiele haben für sie einen großen Reiz.
In der Klasse II geht es um Romantiker, die sich nicht mit dem Tod eines geliebten Menschen abfinden können. Ein Beispiel ist die Witwe, die noch mehrere Monate lang mit ihrem toten Mann im Haus wohnte. Ein körperliches Interesse besteht dabei nicht.
Die Klasse III enthält Menschen, die sich von ihren eigenen Gedanken an den Tod und an Leichen erregt fühlen. Sie gehen beispielsweise gerne auf Friedhöfe und zu fremden Beerdigungen. Einige verspüren eine sexuelle Erregung, wenn sie Leichenbilder oder Särge sehen.
Mit der Klasse IV beginnt die eigentliche Nekrophilie: Hier kommt es zum direkten Kontakt mit der Leiche. Das beginnt mit der einfachen Berührung und kann auch von Masturbation begleitet werden.
Die Klasse V ist die fetischistische Nekrophilie, bei der einzelne Körperteile eines Leichnams mitgenommen
Die Klasse VI bezieht sich auf die Nekro-Verstümmeler, die zur sexuellen Erregung tote Körper zerteilen und teilweise sogar verzehren.
Zur Klasse VII zählen die opportunistischen Nekrophilen: Sobald sich eine Gelegenheit zu sexuellen Aktivitäten mit einem Leichnam ergibt, nutzen sie diese. Sie planen diese Taten aber nicht und haben sonst Sex mit anderen Partnern.
In der Klasse VIII geht es um Menschen, die vorzugsweise mit Toten sexuell aktiv sind. Sex mit anderen, lebenden Menschen ist für sie wenig befriedigend. Oft verschaffen sich die regulären Nekrophilen Zugang zu Beerdigungsunternehmen und Krematorien.
Die Klasse IX ist die gefährlichste Kategorie, die tödliche Nekrophilie. Sadisten und Triebtäter planen ihre Tat oft lange im Voraus, um zu morden und anschließend ihre Nekrophilie an der frischen Leiche auszuleben. So kommt es zu wahren Horrorgeschichten mit extremen Mordserien.
Zur Kategorie X gehören Menschen, die exklusiv nekrophil sind. Sie fühlen sich ausschließlich von sexuellen Aktivitäten mit Toten erregt. Lebende Menschen haben auf sie keine sexuelle Anziehungskraft. Im Gegensatz zur Klasse IX töten diese Menschen nicht und einige werden nicht einmal mit einer Leiche intim.
Gründe für Sex mit Leichen
In der Sexualwissenschaft ist die Meinung verbreitet, dass paraphile Vorlieben in der pubertären Phase an Substanz gewinnen und sich später nicht mehr ändern lassen. Eine solche sexuelle Präferenz ist nicht willkürlich auswählbar. Es gibt keine eindeutigen Auslöser oder Vorerfahrungen, die zu Nekrophilie führen.
Bei einer gewalttätigen Nekrophilie können frühe Hirnschädigungen der Auslöser sein.
- sexueller Missbrauch in der Kindheit
- Vernachlässigung
- Erniedrigung
- körperliche Gewalterfahrungen
Nekrophile Menschen sehen oft keinen Grund für die unverhältnismäßige Aufregung über ihre sexuellen Vorlieben. Ihrer Meinung nach schaden sie niemandem, auch nicht dem toten Körper.
Nekrophilie betriff vorwiegend Männer, vor allem, wenn es sich um aktive Nekrophilie handelt. Schon in früheren Zeiten gab es aufgrund der gesellschaftlichen Normen eine Tabuisierung des Themas und explizite Verbote.
In Legenden aus der Antike sowie in Erzählungen aus späteren Jahrhunderten tauchen immer wieder Fälle von Nekrophilie auf. Erstmalig erschien dieser Begriff in der Mitte des 19. Jahrhunderts, als der Psychologe Joseph Guislain einen Fall von Leichenschändung beschrieb. In dem Werk Psychopathia sexualis von 1886 verwendet Richard von Krafft-Ebing das Wort Nekrophilie und prägte damit die psychiatrische Wissenschaft.
Die Nekrophilie ist bis heute relativ wenig erforscht. Dafür ist unter anderem die Tabuisierung verantwortlich. Erst seit 2013 hat die Nekrophilie einen Eintrag im offiziellen Leitfaden für psychiatrische Diagnosen, dem Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders.
Ist Sex mit Toten verboten?
Im deutschen Rechtssystem ist Nekrophilie kein gesonderter Straftatbestand. Das liegt daran, dass ein toter Körper keine Rechtsperson ist. Es gibt also keinen Geschädigten. Lediglich die Familie des Toten kann sich geschädigt fühlen, doch sie hat kein Besitzrecht am Leichnam.
Abhängig von der Art der Leichenschändung wird Nekrophilie gemäß § 168 StGB bestraft. Das Gesetz spricht dabei von der Störung der Totenruhe.
- Die Bedürfnisse, Fantasien und/oder Verhaltensweisen sind sexueller Art und bestehen mindestens sechs Monate lang.
- Die Betroffenen empfinden einen Leidensdruck, der sich auf die schwer kontrollierbaren Gefühle bezieht und teilweise zu einer persönlichen Entfremdung führt.
- Das ungewöhnliche Verhalten beeinträchtigt die sozialen Fähigkeiten und schränkt die Nekrophilen im Alltag ein. Die Psychoanalytik klassifiziert die nekrophile Tendenz nicht separat, sondern als sonstige Störung der Sexualpräferenz.
Behandlung von Nekrophilie
Grundsätzlich gilt Nekrophilie als nicht oder nur schwer therapierbar, darum ist die Prognose zur Überwindung ungünstig. Allerdings besteht die Möglichkeit, den Leidensdruck der Betroffenen zu senken. Zudem ist es wichtig, das Risikopotenzial zu minimieren, um andere Menschen nicht zu gefährden.
- Verhaltenstherapie zur Verbesserung der Selbstkontrolle
- Verschreibung von Antidepressiva und Libido-reduzierenden Medikamenten
- Verordnung von Testosteron-Senkern wie Cyproteron oder Leuprorelin (in schweren Fällen)
Therapeuten lassen sich ganz schnell über Google finden. Sie fürchten sich vor dem Gespräch mit dem Therapeuten? Unsere Sammlung von Selbsthilfe-Ratschlägen enthält viele nützliche Tipps, die helfen können, die Angst vor Ärzten zu überwinden und einen ersten Schritt zu wagen.
Quellen:
- Necrophilia – Wikipedia
- Necrophiliac Definition – Dictionary.com
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier