Exhibitionismus
Exhibitionismus ist eine anerkannte psychische Erkrankung. Vor allem Männer sind oft vom Zwang betroffen, fremden Menschen unaufgefordert ihre Geschlechtsorgane zu zeigen. Das geht oftmals mit sexueller Erregung einher, wobei aber kein Bedürfnis nach sexuellem Kontakt besteht.
Exhibitionismus ist zwar behandelbar, Betroffene scheuen sich jedoch oft, einen Arzt aufzusuchen, da ihnen ihr Verhalten peinlich ist. Doch das muss nicht sein.
Wir erklären, was Exhibitionismus bedeutet, welche Tipps bei zwanghaften Verhalten infrage kommen und wie sich die Angst vor einer Therapie oder einem Gespräch mit dem Psychologen überwinden lässt.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 12. April 2023
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Exhibitionismus ist dadurch gekennzeichnet, dass es zu einer sexuellen Erregung aufgrund des Entblößens der Genitalien vor Fremden kommt. Unter Umständen hegen Exhibitionisten auch den starken Wunsch, bei sexuellen Handlungen von anderen Personen beobachtet zu werden.
Exhibitionismus ist strafbar und wird mit Freiheits- oder Geldstrafe geahndet. Exhibitionistische Handlungen stelleneine Belästigung einer anderen Person dar und verstoßen gegen das Recht auf individuelle sexuelle Selbstbestimmung.
Exhibitionisten neigen häufig auch zu anderen Sexualstraftaten und sind daher nicht harmlos. Sobald es zu Straftaten kommt, ist eine Behandlung der Verhaltensstörung deshalb zwingend anzuraten.
Was ist Exhibitionismus?
Der Begriff „Exhibitionismus“ wird vom lateinischen Wort „exhibere“ abgeleitet und bedeutet so viel wie „anbieten“ oder „zeigen“. Ganz konkret heißt das: Exhibitionisten zeigen vor allem ihnen fremden Personen ihre Geschlechtsorgane, ohne dazu aufgefordert worden zu sein.
Durch die Zurschaustellung wird der Exhibitionist sexuell erregt, mitunter masturbiert er auch vor seinem Opfer. Allerdings hat ein Exhibitionist meist keinerlei Wunsch nach sexuellem Kontakt.
Vor allem Männer unterliegen dem psychischen Zwang, exhibitionistische Handlungen vorzunehmen. Bei Frauen ist Exhibitionismus so selten, dass er meist gar keinen Straftatbestand darstellt.
Das Strafrecht spricht in der Regel von „Männern, die andere Personen durch exhibitionistische Handlungen belästigen…“. Wenn sich eine Frau in der Öffentlichkeit entblößt, handelt es sich um „Erregung öffentlichen Ärgernisses“.
Gemäß Internationaler Klassifikation der Krankheiten und verwandten Gesundheitsprobleme (ICD) gehört Exhibitionismus zu den „Psychischen und Verhaltensstörungen“ und gilt als Störung der Sexualpräferenz (medizinisch: Paraphilie).
Gründe für Exhibitionismus
Die Gründe, sich vor fremden Menschen zu entblößen, sind sehr verschieden. Vermutlich suchen Exhibitionisten nach Aufmerksamkeit, da sie Probleme haben, mit anderen Menschen soziale Kontakte zu knüpfen. Häufig ist auch das Selbstwertgefühl von Exhibitionisten recht gering.
- Konkrete Ursachen für Exhibitionismus sind bislang jedoch nicht eindeutig geklärt.
Ziele von Exhibitionisten
Bei ihren Opfern möchten Exhibitionisten verschiedene Reaktionen hervorrufen.
- Schreck
- Erstaunen (Schock)
- Abscheu
- Begeisterung
Inwieweit dies zu einem befriedigenden Gefühl führt, ist von der Reaktion des Opfers abhängig. Reagiert dieses mit Gelassenheit oder lacht es den Täter vielleicht auch aus, wird dieser sich gedemütigt und frustriert fühlen. Er entflieht dann der Situation und sucht sich unter Umständen sein nächstes Opfer.
Ausprägungen von Exhibitionismus
Sich in der Öffentlichkeit nackt zu zeigen, ist nicht generell verboten oder strafbar.
So werden Menschen am FKK-Strand wohl eher nicht als Exhibitionisten bezeichnet, auch wenn sie in der Öffentlichkeit ihre Geschlechtsteile zeigen. Dies gilt außerdem für Pornodarsteller, welche in Filmen nackt auftreten und dort sexuelle Handlungen vollziehen.
Spricht ein Mediziner von Exhibitionismus, dann wird darunter das Entblößen der Genitalien zur sexuellen Erregung verstanden. Oft geht dies mit dem starken Verlangen einher, von anderen Menschen bei sexuellen Aktivitäten beobachtet zu werden.
Anders die exhibitionistische Störung. Neben dem Ausüben exhibitionistischer Triebe oder Fantasien umfasst diese auch die Verzweiflung oder Beeinträchtigung des Lebens aufgrund dieser Triebe und Fantasien.
Eine exhibitionistische Störung liegt bei den meisten Exhibitionisten nicht vor.
Stehen Betroffene unter großem Druck oder können sie ihr Leben aufgrund ihres Verhaltens nur schlecht meistern, handelt es sich um eine exhibitionistische Störung. Diese Diagnose erfolgt auch, wenn Betroffene ihren Drang bei Personen ausleben, die damit nicht einverstanden sind.
Exhibitionistische Handlungen treten unterschiedlich häufig auf. Von einmal wöchentlich bis einmal jährlich ist alles möglich. Vor allem in Krisenphasen sind durchaus auch mehrfach täglich exhibitionistische Versuche denkbar. Zu körperlichen Übergriffen kommt es bei exhibitionistischen Belästigungen in aller Regel nicht.
Hin und wieder ist Exhibitionismus lediglich eine Phase, die vorbeigeht. Typische Beispiele sind die Pubertät, ungelöste Konflikte oder eine Partnerschaftskrise. Nach einer gewissen Zeit geht das exhibitionistische Verhalten zurück, kann aber auch ein Leben lang bestehen bleiben.
Konsequenzen von Exhibitionismus
Wird eine Person durch eine exhibitionistische Handlung eines Betroffenen belästigt, droht eine Freiheitsstrafe oder Geldstrafe. Mitunter ist es möglich, dass die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird, wenn zu erwarten ist, dass der Täter sich einer längeren Therapie unterzieht.
Kommt es zu Exhibitionismus am Arbeitsplatz, dann fällt dies unter sexuelle Belästigung, welche erst eine Abmahnung und in der Folge eine Kündigung nach sich zieht. Kommt es zu einer Anzeige, droht Gefängnisstrafe.
Symptome von Exhibitionismus
Laut DSM (Klassifikationssystem psychischer Störungen) gibt es zwei Kriterien, welche zur Diagnose einer exhibitionistischen Störung herangezogen werden:
- Der Betroffene hat wiederkehrende und aufregende sexuelle Fantasien sowie sexuelle Impulse oder Verhaltensweisen, während er einer fremden Person ungefragt seine Genitalien zeigt.
- Fantasien, sexuelle Impulse sowie Verhaltensweisen führen zu klinisch signifikanten Beschwerden oder Beeinträchtigungen im sozialen und beruflichen Leben sowie in anderen Lebensbereichen.
Bislang gibt es nur wenige Studien zum Thema Exhibitionismus. Ärzte gehen davon aus, dass bei Exhibitionisten bestimmte Phasen der sexuellen Entwicklung in der Kindheit nicht abgeschlossen wurden. Sie leiden also unter einer gewissen sexuellen Unreife.
Nicht selten werden Exhibitionisten von gewissen Ideen, Gedanken, Impulsen und Bildern im Kopf, die sie selbst für aufdringlich und unangemessen halten, angetrieben.
Diese sorgen für Angst und mitunter auch erhebliche Unannehmlichkeiten, welche ein Exhibitionist mit seinem Verhalten versucht zu neutralisieren.
Flashing und Flitzen
Neben der exhibitionistischen Störung gibt es noch weitere „Phänomene“, bei denen sich Menschen nackt zeigen. Dazu gehört „Flashing“ und „Flitzen„.
Was ist Flashing?
Beim Flashing ziehen Frauen kurz ihr Oberteil nach oben und zeigen ihre nackten Brüste. Meist tun sie das in einer Bar oder Diskothek mit dem Ziel, Aufmerksamkeit oder einen Drink spendiert zu bekommen. Anders als beim Exhibitionismus spielt sexuelle Erregung dabei keine Rolle.
Was sind Flitzer?
Beim Flitzen spielt sexuelle Erregung keine Rolle. Personen rennen hierbei entweder teilweise oder komplett entkleidet durch öffentliche Settings (z. B. Fußballspiel). Auch hier handelt es sich nicht um Exhibitionismus, denn sexuelle Erregung und der Zwang zur Entblößung fehlen. Motivation der Personen ist in diesem Fall das Erhaschen von Aufmerksamkeit oder auch eine gewisse Selbstdarstellung.
Exhibitionismus bei Kindern?
Auch bei Kleinkindern ist es völlig unbedenklich, wenn diese ihre Genitalien zeigen. Kinder haben eine gewisse Zeigelust, die in diesem Alter völlig normal ist. Das Kind entwickelt an seinem Körper Interesse und erkundet diesen auch. Dies hat absolut nichts mit Exhibitionismus zu tun und legt sich von allein wieder.
Tipps bei Exhibitionismus
Wer exhibitionistisch veranlagt ist, muss sich nicht zwingend behandeln lassen. Es ist durchaus möglich, seine sexuellen Fantasien legal auszuüben.
Mittlerweile gibt es zahlreiche Etablissements, in denen Menschen ihre exhibitionistischen Fantasien ausleben können. Und zwar ganz legal. Neben dem klassischen FKK-Strand, der in der Regel nur wenig mit Exhibitionismus zu tun hat, ist dies beispielsweise auch über Webcams im Internet möglich. Entscheidend ist, dass die Grenze zur Illegalität nicht überschritten wird.
Exhibitionisten verfolgen zwar in der Regel das Ziel, ihre Opfer zu erschrecken und zu schocken, aber es gibt auch Menschen, die gern andere nackte Menschen sehen. Es kann also eine Lösung sein, sich mit Voyeuren abzusprechen und diese beispielsweise bei sexuellen Handlungen zuschauen zu lassen. Auch hier spielt das Internet eine immer größere Rolle.
Ist der Drang, sich vor anderen und vor allem fremden Menschen zu entblößen so stark, dass die vorgeschlagenen legalen Möglichkeiten nicht ausreichend sind, sollten Betroffene über eine Therapie nachdenken. Es kann sehr anstrengend sein, sich ständig gegen seinen inneren Drang zu wehren. Gleichzeitig ist das Nachgeben und Ausleben der Bedürfnisse illegal und zudem unmoralisch. Eine Verhaltensänderung mit Hilfe einer Therapie kann hier langfristig sinnvoll sein.
Therapie und Behandlung
Soll eine Veränderung paraphiler Verhaltensweisen erfolgen, sind mehrere Behandlungsansätze erforderlich. Zunächst wird im Rahmen einer Verhaltenstherapie darauf hingearbeitet, das sexuelle Verhalten besser zu kontrollieren.
Mit einer klassischen und sozialen Konditionierung soll dabei eine Korrektur des bisher Erlernten erfolgen. Es gilt, verschiedene Praktiken zu üben, um dem Drang nach exhibitionistischen Handlungen nicht nachzugehen.
In vielen Fällen geht der Behandlung eine Verhaftung voraus. Neben Psychotherapie kommen auch Antidepressiva (selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer) zum Einsatz.
Zudem sind Selbsthilfegruppen für die Behandlung ratsam, da sich hier Betroffene untereinander austauschen können.
Hilfe finden
Menschen haben sehr individuelle sexuelle Vorlieben, die man sich nicht aussuchen kann. Diese persönlichen Neigungen sollten deshalb nichts sein, wofür man sich schämen muss. Da einige dieser Vorlieben jedoch aus rechtlicher Sicht problematisch sind und mitunter deutlich von den kulturellen und gesellschaftlichen Normen abweichen, kann eine Behandlung ratsam sein.
Die meisten Betroffenen trauen sich allerdings nicht, einen Therapeuten aufzusuchen. Das Schamgefühl ist einfach zu groß. Da sich problematische Verhaltensweisen aber ohne Behandlung meist verschlimmern, ist es wichtig, sich Hilfe zu suchen.
Für alle, die sich vor einer Therapiesitzung fürchten, haben wir in unserem Selbsthilfe Ratgeber Artikel nützliche Tipps zur Überwindung von Ängsten und Schamgefühlen zusammengestellt.
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Quellen:
- Exhibitionism – Wikipedia
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier