Schlafwandeln
Das Schlafwandeln zählt zu den bekanntesten Schlafstörungen. Betroffene verlassen ihr Bett, gehen im Schlafzimmer, im Haus oder in der Wohnung herum und führen manchmal sogar simple Tätigkeiten aus – und das alles, während sie eigentlich noch schlafen. Am nächsten Morgen fehlt ihnen jegliche Erinnerung daran.
Wir erklären die Ursachen für das Schlafwandeln und beschäftigen uns mit der Frage, warum gerade Kinder und Jugendliche besonders betroffen sind. Außerdem klären wir auf wie gefährlich Schlafwandeln ist und welche Tipps gegen Schlafwandeln helfen können.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 7. März 2023
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Beim Schlafwandeln handelt es sich um eine der bekanntesten Schlafstörungen. Sie zählt zur Untergruppe der sogenannten Parasomnien. Beim Schlafwandeln verlassen Betroffene das Bett, wandern umher und führen manchmal sogar einfache Tätigkeiten aus.
Schlafwandler sollten nicht aufgeweckt werden! Die Folge ist in der Regel große Verwirrtheit, durch welche das Unfallrisiko nochmals steigt. Manche Schlafwandler reagieren aggressiv. Besser ist es, beruhigend auf die Person einzureden und sie sanft ins Bett zurückzuleiten.
Neben einigen ungefährlichen Möglichkeiten zur Selbsthilfe (Meditation, Schlafstruktur, Autosuggestion etc.) gibt es für schwere Fälle weitere ärztliche Behandlungsmethoden. Dazu zählen die Schlafanalyse in einem spezialisierten Labor, medikamentöse Ansätze oder Psychotherapie. Den drei letztgenannten Optionen sollte allerdings ein ausführliches Gespräch mit einem Arzt vorausgehen.
Schlafwandeln erklärt
Schlafwandeln, Nachtwandeln, Mondsucht – Somnambulismus, Noktambulismus, Lunatismus: Allesamt Bezeichnungen und Fremdwörter für ein und dasselbe Phänomen.
Schlafwandeln charakterisiert sich dadurch, dass ein Schlafender sein Bett verlässt, umherwandert und manchmal sogar Tätigkeiten ausführt. Das alles natürlich, ohne dabei aufzuwachen.
Üblicherweise dauert eine derartige Aktion lediglich einige wenige Minuten. Der Schlafwandelnde ist währenddessen in der Lage, seine Umgebung wahrzunehmen.
Möglich ist das, weil beim Schlafwandeln gewisse Teile des Gehirns so aktiv sind, wie im Wachzustand, während andere Areale inaktiv bleiben.
Das Schlafwandeln gehört zu den bekanntesten Schlafstörungen und findet sich in der Untergruppe der sogenannten Parasomnien wieder. Bei einer Parasomnie handelt es sich um eine (hauptsächlich) im Schlaf vorkommende Verhaltensauffälligkeit. Aktueller Stand der Wissenschaft ist, dass bei Schlafwandlern der Aufwachmechanismus gestört ist. Grundsätzlich tritt der Somnambulismus nur in Tiefschlafphasen auf.
Schlafwandeln tritt in den allermeisten Fällen zwar spontan auf, lässt sich allerdings auch durch Hypnose herbeiführen. Erstmals gelang dies bereits Ende des 18. Jahrhunderts dem Marquis des Puységur. Seine Forschungen hatten großen Einfluss auf die Arbeit anderer französischer Neurologen und Neuropsychiatern.
Wieso kommt es zum Schlafwandeln?
Schlafwandeln ist in der Gesellschaft nicht gleichmäßig verteilt. Tatsächlich sind besonders Kinder stark betroffen. Grund dafür ist das noch nicht vollständig ausgereifte zentrale Nervensystem.
Zudem ist Somnambulismus tatsächlich erblich, also genetisch bedingt. Sind oder waren beide Elternteile Schlafwandler, ist die Wahrscheinlichkeit für ein ebenfalls schlafwandelndes Kind sehr hoch.
Ein akuter Auslöser für Schlafwandeln ist vermutlich Stress. Seelische Belastungen beeinflussen die Schlafqualität stark negativ.
Auch Reize von außen (Licht, Geräusche, Alkohol, Medikamente) oder von innen (Fieber, gefüllte Blase, Schmerzen) können zum Auftreten einer schlafwandlerischen Episode führen.
Ist Schlafwandeln gefährlich?
Wer das Wort „Schlafwandeln“ hört, vor dessen geistigem Auge tauchen mit großer Wahrscheinlichkeit sofort Bilder von Menschen auf, die mit geschlossenen Augen auf Geländern balancieren oder ähnliche gefährliche Dinge vollbringen.
Haben diese Bilder etwas mit der Realität zu tun? Oder wurden sie, wie viele andere auch, von der Unterhaltungsindustrie in unsere Köpfe gepflanzt? Also kurz und bündig: Ist Schlafwandeln gefährlich?
Grundsätzlich können Schlafwandler keine komplexen Tätigkeiten ausführen. Dies geschieht nur in den allerseltensten Fällen, kommt aber immer wieder einmal vor.
Auf die leichte Schulter sollte der Somnambulismus deshalb nicht genommen werden. Nicht selten kommt es während der schlafwandlerischen Episoden zu teilweise schweren Verletzungen.
Ein extremes Beispiel ist etwa die Geschichte des britischen Abenteurers David Hempleman-Adams. Der reiste Anfang der 2000er-Jahre in einem Ballon über das Nordpolarmeer – und wollte im Schlaf plötzlich den Korb verlassen. Über der Arktis. Der Sicherheitsgurt hat ihm das Leben gerettet.
Das Schlafwandeln hat mit dem geflügelten Wort der „traumwandlerischen Sicherheit“ längst Einzug in den deutschen Sprachgebrauch gefunden. Leider gibt es diese Sicherheit nicht. Der Traumwandler weicht nicht wie ferngesteuert diversen Hindernissen aus. Betroffene haben immer wieder kleinere Unfälle, schmeißen Sachen um oder fügen sich kleinere Wunden zu.
Sicherheitsvorkehrungen für Schlafwandler
Das Schlafzimmer und die eigene Wohnung lassen sich mit wenigen Handgriffen sicher(er) für Schlafwandler machen. Der Aufwand ist nicht sonderlich groß.
- Verschließen Sie jene Schränke und Laden, in denen Werkzeug, Besteck oder Reinigungsmittel zu finden sind. Verfügen die Schränke/Läden über keine Schlösser, sind Kindersicherungen eine gute Alternative. Die finden Sie in jeder Drogerie.
- Platzieren Sie Dekogegenstände niemals freistehend mitten im Raum, sondern immer an der Wand.
- Bringen Sie an besonders exponierten Ecken und Kanten Schaumstoff an. Die extra dafür gefertigten Schützer finden sich ebenfalls in jeder Drogerie.
- Sichern Sie Treppen – sofern vorhanden – mit Gittern.
- Verschließen und versperren (!) Sie vor dem Schlafengehen sämtliche Türen und Fenster. Wichtig: Lassen Sie den Schlüssel danach nicht im Schloss, sondern verwahren Sie ihn an einem anderen Ort.
- Befestigen Sie eine Glocke an der Schlafzimmertür. Wird die Tür trotz aller Vorsichtsmaßnahmen geöffnet, kann der akustische Reiz das Schlafwandeln unterbrechen.
- Installieren Sie gegebenenfalls Bewegungsmelder. Das plötzlich aufflackernde Licht oder ein ertönendes Warnsignal können das Schlafwandeln abrupt beenden.
Behandlung von Schlafwandeln
In den allermeisten Fällen verschwindet die Schlafstörung bei Kindern wieder, wenn sie ein gewisses Alter erreicht bzw. sich das zentrale Nervensystem voll ausgebildet hat.
Verläuft die Somnambulie „normal“, ist in der Regel keine Therapie notwendig. Sollte sich das Bild nicht verbessern oder treten die Episoden zu häufig auf, haben Sie drei Möglichkeiten: Eine Untersuchung im Schlaflabor, eine medikamentöse Behandlung oder Psychotherapie.
Sämtliche Optionen setzen allerdings ein ausführliches Gespräch mit Ihrem Arzt voraus!
Schlafwandeln oder ähnliche Auffälligkeiten können auf andere Krankheiten hinweisen, beispielsweise auf kürzere epileptische Episoden – in der Medizin bekannt als sogenannte „Petit-Mal-Anfälle“. Bemerkbar machen diese sich meist durch wiederkehrendes Schmatzen oder wiederholte Kaubewegungen.
Sollten Sie derartige Dinge bei Kindern oder Partnern beobachten, ist es ratsam, einen Arzt aufzusuchen. Der kann mögliche Ursachen abklären und rät eventuell zu einer Nacht im Schlaflabor. So lässt sich Epilepsie als Auslöser bestätigen oder ausschließen.
Eine medikamentöse Behandlung von Somnambulismus ist in der Regel nicht notwendig. In schweren bzw. ausgeprägten/anhaltenden Fällen, kommen Antidepressiva oder niedrig dosierte Schlafmittel (Benzodiazepine) zum Einsatz.
Der Sinn hinter dem Einsatz von Medikamenten: Die Tiefschlafphase wird verkürzt, was zur Verhinderung des Schlafwandelns führt oder zumindest die Häufigkeit reduziert.
Aber Achtung: Die Gefahr einer Abhängigkeit ist enorm hoch. Diesen Therapie-Ansatz deshalb unbedingt gründlichst mit einem Arzt besprechen.
Wie weiter oben bereits angeführt, ist oftmals psychischer Stress der Auslöser für schlafwandlerische Episoden. In diesem Fall bietet sich eine psychotherapeutische Behandlung an. Die kognitive Verhaltenstherapie hat sich als vielversprechender Ansatz bewährt.
Tipps gegen Schlafwandeln
Bevor sich Betroffene für den Gang zum Arzt entscheiden, haben sie die Möglichkeit, Selbsthilfe-Ansätze zu testen. Es gibt durchaus erfolgversprechende Methoden, um klassisches Schlafwandeln in den Griff zu bekommen.
Halten Sie sich an regelmäßige Einschlafzeiten! So verhindern Sie Schlafmangel – was wiederum den Tiefschlaf positiv beeinflusst.
Trinken Sie vor dem Schlafengehen keinen Alkohol! Dieser wirkt sich negativ auf den Tiefschlaf aus senkt die Weckschwelle.
Autogenes Training, progressive Muskelentspannung oder Meditation haben einen positiven Einfluss.
Programmieren Sie Ihr eigenes Verhalten um! Das funktioniert, indem Sie sich eine Situation und Ihre darauffolgende Reaktion immer wieder vorstellen sowie gleichzeitig innerlich einen Merksatz aufsagen. Zum Beispiel: „Berühren meine Füße den Boden, gehe ich sofort zurück ins Bett!“
Da das Schlafwandeln immer gegen Ende der ersten Tiefschlafphase der Nacht auftritt, können betroffene einen Wecker für diesen Zeitpunkt stellen. Dadurch wachen sie auf und verhindern das Schlafwandeln. Allerdings leidet darunter die Schlafqualität nicht unwesentlich, was sich wiederum negativ auf die Erholung auswirkt.
Hilfe finden und annehmen
Schlafwandlerische Episoden bergen nicht nur eine immanente Verletzungsgefahr, auch die physische und psychische Verfassung leidet unter den unangenehmen nächtlichen Episoden. Besonders verbreitet ist die auch Somnambulismus genannte Störung bei Kindern. Bis ins Erwachsenenalter klingt sie im Regelfall ab.
Ist dies bei Ihnen nicht der Fall, haben Sie mehrere Möglichkeiten, etwas gegen das Schlafwandeln zu unternehmen.
Versuchen Sie es zunächst mit Selbsthilfe (z. B. Meditation, Autosuggestion, fixer Schlafrhythmus, kein Alkohol vorm zu Bett gehen).
Führt dies nicht zum Erfolg, kontaktieren Sie Ihren Hausarzt und besprechen Sie die Situation mit ihm. Der hat grundsätzlich die Möglichkeit zwischen drei Optionen: Die Vermittlung an ein Schlaflabor, medikamentöse Behandlung oder Psychotherapie.
Spezialisten für Schlafapnoe:
Mittlerweile gibt es viele auf Schlafprobleme spezialisierte Fachärzte. Damit Sie in Ihrer Umgebung die passenden Mediziner oder gleich ein Schlaflabor finden, abreiten wir gerade an einer umfassenden Datenbank. Aktuell lassen sich die passenden Experten für Schlafapnoe auf Google Maps finden.
Sollte eine allgemeine Angst vor Ärzten die Kontaktaufnahme verhindern, geben wir Ihnen mit unserem Selbsthilfe Ratgeber Artikel gerne hilfreiche Tipps zur Überwindung der Ängste und Schamgefühle.
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Quellen:
- Somnambulismus – Wikipedia
- Prevalence and genetics of sleepwalking: a population-based twin study | pubmed.ncbi.nlm.nih.gov
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier