Fingerknacken
Es ist allgemein bekannt das Fingerknacken ungesund ist und sogar den Gelenkverschleiß beschleunigt. Doch wie ungesund ist das Fingerknacksen wirklich und wie kann man damit aufhören?
Wir liefern Antworten und geben Tipps wie die Sucht danach mit den Finger zu knacken verringert werden kann.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 7. März 2023
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Was genau beim Fingerknacken passiert, ist bislang noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird, dass es zum Zerplatzen von Gasbläschen in der Gelenkflüssigkeit aufgrund von Unterdruck kommt.
Zwar klingt das Geräusch beim Fingerknacken störend, allgemein schädlich ist es aber nicht. Erst wenn das Fingerknacksen übermäßig betrieben wird, kann es ungesund werden.
Auch wenn gelegentliches Fingerknacken an sich unschädlich ist, sollte man es damit nicht übertreiben und diese Gewohnheit besser abzulegen. Denn: Sehr häufiges und zwanghaftes Fingerknacksen führt zumindest zu einer Überdehnung von Gelenken und Bändern, im Laufe der Zeit könnten diese dadurch ausleiern.
Neben den gesundheitlichen Folgen kann auch auf geistiger Ebene, eine Art Zwangsstörung entstehen.
Was passiert beim Fingerknacken
Beim Fingerknacken kommt es zu einer Überdehnung der Fingergelenke, wenn an den Fingern gezogen wird oder die Fingergelenke durchgedrückt werden.
Wie es zu dem Knackgeräusch kommt, haben Forscher bei MRT-Echtzeit-Untersuchungen herausgefunden.
Demnach befindet sich zwischen den Gelenkflächen ein Gelenkspalt, welcher mit Gelenkflüssigkeit gefüllt ist. Beim Auseinanderziehen des Gelenkspalts entwickelt sich dort ein Unterdruck und in der Gelenkflüssigkeit bilden sich durch die gelösten Gase kleine Blasen. Wenn diese platzen, entsteht das typische Knackgeräusch.1Knuckle Cracking: Can Blinded Observers Detect Changes with Physical Examination and Sonography? | doi.org
In der Physik wird dieses Phänomen als „Tribonukleation“ bezeichnet. Sobald sich die Gase nach einer gewissen Zeit in der Gelenkflüssigkeit wieder gelöst haben, ist ein erneutes Knacken der Finger möglich. Zu häufig sollte dies allerdings nicht gemacht werden.
- Wer zu früh wieder mit den Fingern knacken möchte, empfindet daher meist schmerzen.
Gründe für Fingerknacksen
Ungefähr die Hälfte aller Menschen können absichtlich ihre Gelenke – vor allem die Grundgelenke der Finger – knacksen lassen.
Meist ist dies dann auch mit anderen Gelenken möglich. Wer mit den Fingern knackst, empfindet dies als entspannend.
In einigen wissenschaftlichen Studien zeigte sich, dass gewohnheitsmäßige Fingerknacker mitunter auch Nägel kauen, rauchen oder Alkohol trinken. Ein direkter Zusammenhang konnte bislang aber noch nicht festgestellt werden.
Viele Personen knacken mit den Fingern weil sie das Geräusch als angenehm und beruhigend empfinden. Für außenstehende ist das Geräusch dagegen meist unangenehm.
Das Gefühl mit den Fingern zu knacken wird als angenehm und Stressbefreiend beschrieben. Leider kann sich dadurch auch eine Sucht oder sogar ein Zwangsverhalten bilden.
Häufig wird auch in nervösen Situationen mit den Fingern geknackst, weil dadurch einer Beschäftigung und einer gewissen Ablenkung nachgegangen wird.
Auch häufig unter Stress steht, entscheidet sich häufig dazu mit den Finger, den Hals/Nacken oder Füßen zu knacken. Das Gefühl wirkt Stressbefreiend.
Das Fingerknacken kann vor allem auch aus Gewohnheit gemacht werden. Zu häufiges Fingerknacksen kann zu einem unbewussten Suchtverhalten beitragen.
Psychologisches Problem
Möglicherweise ist Fingerknacksen eine nervöse Angewohnheit, die aufgrund tiefer gehender Probleme entstanden ist.
Viele Menschen merken von dieser Angewohnheit manchmal gar nichts, bis sie von einem Außenstehenden darauf hingewiesen werden. Ein ähnliches Verhalten ist auch beim Fingernägelknabbern zu beobachten.
Nicht selten ist Fingerknacksen eine Reaktion auf Stress oder gar Angst. Es hilft im Umgang damit. Um die genaue Ursache herauszufinden, ist das Führen eines Tagebuchs sinnvoll.
Sobald mit den Fingern geknackt wird, erfolgt eine kleine Notiz, in welcher Situation dies geschehen ist. So lässt sich mitunter schnell ein Muster erkennen und der Auslöser identifizieren. Ist dieser erkannt, kann daran gearbeitet werden.
Ist Fingerknacken schädlich?
- Fingerknacksen ist – zumindest kurzfristig – nicht schädlich.
Im Rahmen einer klein angelegten Studie wurden 40 Teilnehmer um das Auseinanderziehen ihrer Finger gebeten. 30 der Versuchsteilnehmer besaßen die Fähigkeit zum Fingerknacksen, die anderen zehn Teilnehmer nicht.
Im Anschluss wurden alle Teilnehmer auf mögliche Schwellungen, die Beweglichkeit der Fingergelenke sowie die Griffstärke der Hand untersucht.
Außerdem sollten die Teilnehmer Fragen zur Funktion, möglichen Einschränkungen der Beweglichkeit und Schmerzen der Hand beantworten.
Danach wurden beide Gruppen miteinander verglichen. Nennenswerte Unterschiede konnten dabei nicht festgestellt werden. Die Beweglichkeit war bei allen Teilnehmern, welche ihre Finger knacken lassen konnten, sogar etwas höher.
Langfristige Folgen
Häufig wird vermutet, dass Fingerknacksen zu Arthrose oder Arthritis führen könnte. Wissenschaftler haben deshalb auch langfristige Folgen untersucht und kommen dabei zu dem Ergebnis, dass Fingerknacksen vermutlich nicht zu Arthrose oder Arthritis führt.
Anhand der bislang durchgeführten Untersuchungen lässt sich allerdings noch nicht überzeugend sagen, ob Fingerknacksen kurz- und langfristig negative Folgen für die Gelenke haben könnte. Dazu müssen wohl noch weitere Studien durchgeführt werden.
Auch wenn Fingerknacksen nicht zur Arthrose oder Arthritis zu führen scheint, ist es dennoch nicht gänzlich unbedenklich. Das Knacken ist nämlich nur möglich, wenn Gelenke und Bänder leicht überdehnt werden. Wer dies nun täglich mehrmals wiederholt, riskiert damit, dass die Gelenke ausgeleiert werden.
- Unnötig häufiges Fingerknacken sollte vorsichtshalber vermieden werden.
Gicht durch Fingerknacken
Es ist eine weit verbreitete Annahme, dass Fingerknacksen zu Gicht führt. Diese trifft jedoch nicht zu, denn Gicht ist das Symptom für eine krankhaft erhöhte Harnsäurekonzentration im Blut.
Wenn der Harnsäurespiegel rasch ansteigt, kommt es zur Ausfällung von Harnsäurekristallen in der Gelenkflüssigkeit und somit zur plötzlich auftretenden Entzündung im betroffenen Gelenk.
Fingerknacksen als Warnsignal
Knacken Gelenke bei bestimmten Bewegungen von selbst und treten dabei Schmerzen auf, dann verbirgt sich dahinter unter Umständen ein orthopädisches Problem. Das gilt natürlich auch für die Finger. Sollte dies der Fall sein, dann ist ein Arztbesuch ratsam.
Tipps gegen Fingerknacken
Häufig ist Fingerknacksen eine Angewohnheit, die für mehr Entspannung sorgt. Entwickeln kann diese jeder. Zwar verursacht Fingerknacksen keine Arthrose oder Arthritis, eine Verminderung der Griffkraft und andere Probleme wie Gelenkschwellungen sind dennoch möglich. Deshalb ist es ratsam, mit dem Fingerknacksen aufzuhören.
Auch aus psychologischer Sicht kann es sinnvoll sein, sich von dem Suchtgefühl zu befreien. Häufig wird auch den Mitmenschen einen gefallen getan, denn das Geräusch mit den Fingern zu knacken mag für einen selbst vielleicht als angenehm empfunden werden, für die Mitmenschen ist es allerdings meist störend.
Wer mit dem Fingerknacksen aufhören möchte, kann dies mithilfe von verhaltenstherapeutischen Maßnahmen in Form von Belohnung oder Strafe unterstützen. Wird nicht mit dem Finger geknackt, gibt es eine Belohnung – wird mit dem Finger geknackt, eine Strafe.
Angewohnheit ablegen
Angewohnheiten lassen sich mitunter nur schwer ablegen. Um das Fingerknacksen zumindest einzuschränken, sind vorbeugende Methoden hilfreich.
Nutzen Sie die Gummiband-Methode, bei der Sie sich ein Gummiband um das Handgelenk legen und an diesem ziehen und es wieder loslassen, sobald Sie kurz vorm Knacken der Finger sind (durch den leichten Stich, den das Gummiband beim Schnalzen auf der Haut verursacht, wird das Knöchelknacken unterbewusst mit Schmerz verbunden und so das Verhalten gebrochen)
Bei Aktivitäten, bei denen die Hände nicht benötigt werden, können Handschuhe, Fäustlinge oder Socken über die Hände gezogen werden.
Unterwegs empfiehlt es sich, eine kleine Handlotion dabei zu haben, welche beim Drang nach Fingerknacksen auf die Hände aufgetragen wird (die Hände sind so beschäftigt). Mit eincremten Fingern wird das Fingerknacken vielleicht auch häufiger vermieden, schließlich ist es mit trockenen Fingern deutlich leichter.
Das Halten eines Stifts reduziert den Drang nach Fingerknacksen. Sind die Hände beschäftigt, ist Fingerknacksen nicht möglich. Deshalb ist es sinnvoll, den Händen immer etwas „zu tun“ zu geben. Als Alternative zum Fingerknacksen wären das Drehen eines Bleistifts oder einer Münze denkbar. Ein positiver Nebeneffekt: Fingerkraft, Koordination und manuelle Geschicklichkeit werden dadurch gestärkt. Auch ein Hobby, bei dem vorzugsweise die Hände beschäftigt sind (z. B. Zeichnen, Schreiben, Handwerk) erweist sich als sinnvoll.
Professionelle Hilfe
Sich das Fingerknacksen abzugewöhnen, braucht Zeit. Manchmal helfen aber auch die einfachsten Tipps nicht. Dann ist professionelle Hilfe durch einen Therapeuten durchaus ratsam.
Denn übermäßiges Fingerknacksen kann auch ein frühzeitiges Anzeichen für psychische Beschwerden oder andere Erkrankungen sein. Welche therapeutischen Maßnahmen dann infrage kommen, wird der behandelnde Arzt festlegen.
Da Fingerknacksen oft reine Kopfsache und eher als eine Art Tick zu betrachten ist, erweisen sich möglicherweise diverse Ansätze als hilfreich.
Erlernen bestimmter Entspannungsverfahren und eines Selbstmanagements, um das Fingerknacksen gezielt zu reduzieren
Forciertes Üben, bei dem das Fingerknacksen zunächst gezielt provoziert wird, um es dann besser kontrollieren zu können.
Reaktionsumkehr, bei dem erlernt wird, das Fingerknacksen bewusst wahrzunehmen und eine motorische Gegenantwort zu entwickeln (z. B. Beschäftigung der Hände)
Eine konkrete Therapie ist bei Fingerknacksen nicht vorgesehen. Vielmehr richtet sich die Behandlung nach den einzelnen Problemen und möglichen Beschwerden, die beim Patienten durch die Angewohnheit ausgelöst werden.
Oft kann es bereits hilfreich sein mit einem Psychologen über das Verhalten zu sprechen und somit den Ursachen genauer auf den Ursprung zu gehen.
Hilfe finden
Um professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, können Ärzte & Therapeuten sowohl vor Ort als auch über das Internet konsultiert werden. Wer Angst vor Ärzten oder Psychologen hat, kann sich in unserem Ratgeber Artikel gegen die Arztphobie Ideen und Anregungen einholen, wie die Angst überwunden werden kann.
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Quellen:
- Knuckle Cracking: Can Blinded Observers Detect Changes with Physical Examination and Sonography? | doi.org
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier