Angst vor langen Wörtern
Die Sesquipedalophobie– das ist der Fachbegriff für die Angst vor langen Wörtern – gehört zu den eher unbekannten Phobien. Ebenso wie andere Angststörungen kann sie panische Reaktionen verursachen. Doch die Betroffenen versuchen oft, lange Wörter zu vermeiden, darum bleibt diese Angst meistens im Verborgenen.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 8. April 2023
Startseite » Phobien » Sesquipedalophobie (Angst vor langen Wörtern)
Lange Wörter, vor allem Fremdwörter, lösen bei ängstlichen Menschen eine gewisse Scheu aus. Die Betroffenen fürchten, dass sie das Wort falsch aussprechen oder betonen und deshalb ausgelacht werden. Auch eine falsche Verwendung oder Schreibweise ist möglich. Die Angst vor langen Wörtern bezieht sich also auf das Sprechen und Schreiben.
Eine echte Phobie löst bestimmte Symptome aus. Wenn diese Anzeichen länger als sechs Monate anhalten, sprechen Experten von einer realen Angsterkrankung. Bei der Angst vor langen Wörtern kommt es zwar zu gewissen Einschränkungen, doch die Angstsymptome lassen sich nicht mit denen einer echten Angststörung vergleichen.
Die Hippopotamomonstrosesquipedaliophobie ist ein Kunstwort, das die Bedeutung der Sesquipedalophobie auf humorvolle Weise auf die Spitze treibt. Der Begriff Sesquipedalian stammt aus dem englischen Sprachraum und bedeutet „eineinhalb Fuß lang“. Mit der zusätzlichen Verlängerung von „Hippopotamus“ und „Monstrose“ wird die Angst ironisiert – das kann als lustig empfunden werden, doch die Betroffenen fühlen sich dadurch lächerlich gemacht.

Auslöser der Sesquipedalophobie
Die Angst vor langen Wörtern beginnt oft in der Schulzeit. Vor allem Kinder mit einer Lese- und Schreibschwäche fühlen sich von übermäßig langen Wörtern bedroht.
Sie haben Angst, sich zu blamieren, wenn sie laut vorlesen. Auch Erwachsene finden es peinlich, wenn sie bei einem langen Wort die Silben verdrehen oder falsch betonen.
Mit dem Gefühl der Peinlichkeit verstärkt sich die Angst. Das führt wiederum zu einem unsicheren Verhalten und zu Minderwertigkeitskomplexen. Im Gespräch fühlen sich die Betroffenen unfähig, weil sie nur möglichst kurze Wörter verwenden.
Durch eine unzureichende Schulbildung und andere Probleme wie ADHS verschlimmert sich die Situation noch. Wer Schwierigkeiten mit dem Lesen und Schreiben hat, verwendet lieber kurze Begriffe und kurze Sätze. Das funktioniert im Alltag recht gut, doch für das Selbstbewusstsein ist die Vermeidungstaktik eher schädlich.
Manchmal gibt es auch einen anderen Grund für die Angst: Einige Menschen sind zwar mit Fremdwörtern und aus mehreren Teilen zusammengesetzten Begriffen vertraut, aber sich möchten sie im alltäglichen Gespräch nicht benutzen, weil sie Angst davor haben, arrogant zu wirken.
Hier geht es weniger um die Angst vor langen Wörtern, als um den Wunsch nach einer entspannten Kommunikation.
Eine zu korrekte Sprache wirkt auf viele Menschen unnatürlich: Das gilt für lange Wörter ebenso wie für eine geschliffene Rede.
Anzeichen der Phobie
Wer Angst vor langen Wörtern hat, kann seine ängstlichen Gefühle meistens gut verbergen. Doch bei einem Bewerbungsgespräch, im Studium, bei einer Diskussion am Arbeitsplatz oder in einer anderen Situation sind längere Wörter oft nicht zu vermeiden.
Dann bricht den Betroffenen der Schweiß aus. Besonders problematisch ist Stottern, denn dadurch wird das Sprechen zur schwierigen Herausforderung.
- Erröten
- Herzklopfen
- Schwindelgefühl
- Zittern
- Übelkeit
Die Konfrontation mit langen Wörtern geschieht oft unerwartet. Wenn sich die Situation allmählich andeutet, beispielsweise durch die Bitte, einen Vortrag zu halten, fühlen sich die Betroffenen unter Druck gesetzt. Sie leiden unter Nervosität und Lampenfieber.
Im Alltag schränkt die Angst die individuellen Möglichkeiten ein: Ängstliche Menschen gehen den Gefahren aus dem Weg und können deshalb ihr Potenzial nicht voll ausnutzen. Darum ist es wichtig, sich mit den eigenen Ängsten auseinanderzusetzen und sie zu überwinden.
Tipps und Hilfe
Wer Angst vor langen Wörtern hat, sollte sich klarmachen, dass Ungeschicktheit nichts Dramatisches ist. Eine falsche Betonung oder ein Versprecher kann jedem passieren.
Das lange Wort wirkt zwar wie eine Herausforderung, doch diese lässt sich bewältigen. Und ein Fehler ist noch lange kein Versagen, sondern nur ein Steinchen auf dem Weg nach vorne.
Wichtig ist, dass die Betroffenen zu ihren Schwächen stehen. Erröten, stottern, diese Signale sind menschlich. Fehler beim Sprechen oder Schreiben wecken sogar Sympathie, denn niemand ist perfekt.
Peinliche Situationen gibt es überall, im Supermarkt, auf dem Sportplatz und im Büro. Einige entspannen sich von diesem realen Leben, indem sie lustige Sendungen wie Verstehen Sie Spaß ansehen. Doch die Szenen wecken oft Schadenfreude, die einen negativen Beigeschmack hat. Besser ist es, einfach Spaß zu haben. Wer über sich selbst lachen kann, hat schon gewonnen.
- Das lange Wort ist fast unfallfrei geschafft; einmal über die Stirn wischen und zwinkern: Solche Signale lockern auf.
- Das Mammut-Fremdwort blockiert die Zunge; einfach aufhören und ein kürzeres, besser verständliches Wort verwenden. Das entspannt die Situation.
Mit einem mentalen Training lässt sich die befürchtete Blamage visualisieren. Wie soll ich reagieren, wenn die Zuhörer lachen, weil ich das lange Wort nicht aussprechen kann? Eine Grimasse ziehen – einfach mitlachen – ehrlich zugeben, dass es wohl zu viel des Guten war? Wer sich die Situation ausmalt, trainiert im Voraus. Das erhöht die Chance auf eine gelassene oder schlagfertige Reaktion.
- „Jetzt habe ich mich verhaspelt – ich versuche es nochmal.“
- „Das Wort war wohl zu lang, also drücke ich mich jetzt kurz und bündig aus.“
- „Nobody’s perfect – das ist menschlich.“
Therapie durch Logopäden
Wenn die Angst zu Einschränkungen führt, ist es Zeit, zu handeln. Mit Entspannungsübungen und mentalem Training lässt sich die Angst vor langen Wörtern überwinden. Auch spezielle Kurse für Rhetorik können helfen, gegen die Schwäche anzugehen.
Für mehr Selbstbewusstsein und Sicherheit ist es wichtig, die eigene Persönlichkeit in den Fokus zu stellen. Das gilt für junge Menschen, die noch zur Schule gehen, ebenso wie für Erwachsene, die im Berufsleben stehen.
Bei anhaltenden Kommunikations- und Sprachproblemen empfiehlt sich eine Psychotherapie, eventuell in Verbindung mit logopädischen Übungen. Mit Geduld und einer individuellen Therapie gelingt es, die eigenen Möglichkeiten besser auszunutzen und die Angst zu überwinden.
Für eine Besserung von Sprachproblemen sind Logopäden die richtigen Anlaufstelle.
In unserem Ratgeber haben wir praktische Ratschläge zusammengestellt, die Personen helfen können, die sich vor dem Besuch beim Arzt ängstigen und mit Schamgefühlen zu kämpfen haben.
Quellen:
- Fear of Long Words: Hippopotomonstrosesquipedaliophobia – verywellmind.com
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier