Angst vor der Angst
Phobophobie ist der medizinische Begriff für die Angst vor der Angst. Es handelt sich hierbei um eine sogenannte Erwartungsangst, bei der Betroffenen eine erhöhte Angstsensivität aufweisen. Die Phobophobie geht in der Regel mit anderen Angststörungen einher und führt zu einer Vielzahl von Problemen.
Wir erklären woher die Angst vor der Angst kommt und was Sie dagegen tun können.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 10. April 2023
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Einfach ausgedrückt beschreibt die Phobophobie eine Angst vor der Angst. Wer unter Phobophobie leidet, zeigt eine Unsicherheit und Ängstlichkeit, wenn es um eine zu erwartende Angst geht. Betroffene befürchten ständig, in eine Angstsituation zu geraten und entsprechende Symptome wahrzunehmen.
Ein wichtiger Schritt im Kampf gegen die Angst ist der Gedanke, dass Angst nicht der Feind ist. Vielmehr ist sie bis zu einem gewissen Grad normal und wichtig. Betroffene müssen lernen, dass das Gefühl der Angst in ihren eigenen Händen liegt.
In schweren Fällen kann mithilfe einer kognitiven Verhaltenstherapie oder einer Konfrontationstherapie eine meist sehr erfolgreiche Therapie erfolgen.
Lässt sich die Angst nicht mehr allein bewältigen und zeigen sich ständig Symptome, welche die Lebensqualität beeinträchtigen, ist eine Behandlung mit einem Therapeuten ratsam.
Nicht immer müssen Medikamente dafür zum Einsatz kommen, manchmal unterstützen sie aber eine Psychotherapie.
Erwartungsangst
Eine generelle Angststörung versetzt den Betroffenen in der Regel in teils starke Angstzustände, wenn er sich bestimmten Situationen aussetzt oder mit bestimmten Dingen konfrontiert wird.
Je nach Phobie gibt es also immer einen Auslöser, der beim Sehen, Hören oder einer anderen Sinneswahrnehmung zu Panik führt. Die Phobophobie hingegen lässt sich nicht so einfach einordnen, ist aus medizinischer Sicht aber eine reale Phobie. Bei dieser haben Betroffene Angst vor der Angst selbst.
- Die Angst ist hier nicht greif- und sichtbar, sondern vielmehr ein Gefühl.
Wer bereits unter einer Angststörung leidet und durch diese bereits verschiedenste Symptome erlebt hat, bekommt bei einer Erwartungsangst, diese Symptome erneut durchstehen zu müssen.
Aus diesem Grund ist es für Menschen mit einer Erwartungsangst typisch, dass sie alles vermeiden, was Angst und damit eine Panikreaktion des Körpers auslösen könnte.
Auslöser von Erwartungsangst
Da jeder Mensch anders ist, ist auch jeder einzelne Fall von der Erwartungsangst unterschiedlich. Zwar hat wohl jeder einmal Angst vor etwas, aber wer unter einer Angsterkrankung leidet, empfindet akute Ängste in extremem Ausmaß.
Eine Erwartungsangst kann ihren Ursprung bereits in der Kindheit oder Jugend haben. Wer in einem Haushalt aufgewachsen ist, in denen die Eltern oder Geschwister unter einer starken Phobie litten, ist geprägt und hat unter Umständen Angst, eine solche Angst auch zu erleben.
Bei der Entwicklung von Angststörungen spielt manchmal auch die Genetik eine Rolle. Wenn die Eltern bereits unter einer Phobophobie leiden, kann bei Vorliegen bestimmter Faktoren auch bei den Kindern eine Phobophobie zum Vorschein kommen.
Die Erwartungsangst geht oft mit einer anderen Angsterkrankung (z. B. Klaustrophobie, Agoraphobie, Nosophobie, Sozialphobie) einher.
In der Regel machen Betroffene Erfahrungen mit Panikattacken aufgrund ihrer Angsterkrankung und entwickeln dann eine Angst, genau diese Anfälle wieder erleben zu müssen.
Anzeichen der Erwartungsangst
Die Phobophobie kann sich auf sehr unterschiedliche Lebensbereiche des Betroffenen auswirken. In der Regel zeigen sich ähnliche akute Symptome wie bei anderen Angsterkrankungen wie beispielsweise Herzrasen, schnelle Atmung, Schwindel, Panikattacken oder ein Gefühl von Kontrollverlust.
Phobophobie ist zudem dadurch gekennzeichnet, dass genau vor diesen Symptomen eine Angst besteht. Verschiedene Gedankenkarussells im Kopf der Betroffenen triggern diese Angst zusätzlich und es kommt zu akuten Panikanfällen mit folgenden Gedanken:
- Angst, zu sterben
- Angst, verrückt zu werden und den Verstand zu verlieren
- Angst, durch die Symptome eine bestimmte Krankheit auszulösen (z. B. einen Herzinfarkt)
- Angst, ohnmächtig zu werden
Betroffene steigern sich in ihre Ängste so hinein, dass sie die Symptome tatsächlich wahrnehmen. Die Angst vor der Angst wirkt als eine Art Katalysator bei Angsterkrankungen.
Vermeidungsverhalten
Mit der Phobophobie geht oft ein starkes Vermeidungsverhalten einher. Dadurch entsteht ein Teufelskreis und die Erwartungsangst wird zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung.
Bei einer spezifischen Phobie ist es meist wenig problematisch, wenn der Angstauslöser im Alltag nur selten von Bedeutung ist. So lässt sich z.B. eine Flugangst klar vermeiden, in dem kein Flugzeug betreten wird.
Das Problem bei einer Phobophobie ist jedoch ein anderes: Die Vermeidung funktioniert hier nicht. Häufig verstärkt sich die Angst sogar, da die auslösenden Situationen mit noch mehr Angstgedanken behaftet sind.
Ein weiterer schwieriger Punkt ist, dass durch das Vermeidungsverhalten oft auch nicht nach professioneller Hilfe gesucht wird, wodurch sich die Angsterkrankung intensiviert und verlängert.
Tipps bei Erwartungsangst
Selbsthilfe ist ein wichtiger Punkt, wenn es um die Überwindung von Ängsten geht. Noch bevor an eine professionelle Therapie gedacht wird, können Betroffene es mit folgenden Tipps probieren:
Die Angst wahrnehmen
Natürlich nehmen Betroffene die Angst wahr. Und zwar in extremer Form. Allerdings geht es nicht darum, die Angst zu spüren, sondern sie so neutral wie möglich für sich anzunehmen und zu reflektieren. Wer bemerkt, dass sich Angst anbahnt oder dass sie bereits präsent ist, spürt die Angst vor der Angst. Dann muss der Betroffene lernen wahrzunehmen, wie sich die Angst anfühlt und welche Gedanken damit in Verbindung stehen. Auch die körperliche Reaktion auf die Angst spielt eine Rolle. Die Angst sollte beobachtet werden – ähnlich wie in einem Film. Wer seine Ängste auch gedanklich wahrnimmt und sich damit auseinandersetzt, kann dagegen kämpfen.
Eigene Werte und Einschränkungen bewusst machen
Bei Ängsten sorgt Vermeidungsverhalten dafür, dass die Lebensqualität deutlich beeinträchtigt ist. Betroffene achten ständig darauf, angstauslösende Situationen zu vermeiden. Betroffene müssen deshalb lernen, was ihnen wichtig und was ihnen weniger wichtig ist. Zu hinterfragen, welche Abstriche in der Vergangenheit in Kauf genommen wurden und ob dies in der Zukunft ebenfalls so sein soll, ist ein erster Schritt in Richtung Angstüberwindung.
Positive Erfahrungen ins Gedächtnis rufen
Negative Gedanken sind bei der Bewältigung von Ängsten fehl am Platz. Auch in der Vergangenheit sollten Betroffene nicht graben. Wichtig ist, den Fokus auf Dinge zu legen, die bisher gut funktioniert haben. Das ermutigt und trägt dazu bei, sich selbst den Rücken zu stärken.
Mit einer vertrauten Person sprechen
Es mag banal klingen, aber es hilft: Wer mit einer Person seines Vertrauens über seine Ängste spricht, erhält eine wichtige Unterstützung im Kampf dagegen. Es ist oft schon eine Erleichterung, das eigene Leid teilen zu können. Wenn jemand unvoreingenommen zuhört, fühlen sich Betroffene oft weniger allein mit ihren Sorgen.
Stressreduktion durch Entspannungsübungen
Entspannungsübungen wie Yoga, Meditation, Atemübungen oder autogenes Training tragen dazu bei, Stress abzubauen. Außerdem können gezielte Übungen bei akuter Angst die Symptome lindern. Es ist wichtig, Stressquellen zu beseitigen. Pausen von der täglichen Routine und Aktivitäten, die für Spaß und Entspannung sorgen, tragen zur Stressreduktion bei.
Austausch mit Gleichgesinnten
Nicht selten fühlen sich Betroffene mit ihrer Angst allein gelassen. Der Besuch einer Selbsthilfegruppe zum Austausch mit Gleichgesinnten kann in diesem Fall helfen. Hier lernen Betroffene voneinander, wie es ihnen mit der Angst geht und welche Bewältigungsstrategien hilfreich sind. Eine Teilnahme ist auch insofern sinnvoll, weil sie dazu beiträgt, dass sich Betroffene nicht isolieren.
Gesunder Lebensstil
Wer gesund lebt, hat häufig weniger Angst. Eine ausgewogene Ernährung, regelmäßige Bewegung, ausreichend Schlaf und der Verzicht auf Genussmittel wie Koffein und Nikotin tragen zu einem gesunden Lebensstil bei und können im Kampf gegen die Angst hilfreich sein.
Behandlung der Phobophobie
Helfen die genannten Tipps nicht und ist die Angst vor der Angst extrem stark ausgeprägt, kommen unterschiedliche Therapieansätze in Betracht.
Eine Verhaltenstherapie ist bei der Behandlung einer Phobophobie oft der erste Schritt. Sie ist für die meisten Betroffenen eine enorme Hilfe bei der Bewältigung ihrer Angst.
Im Rahmen der Expositionstherapie erlernen Betroffene Schritt für Schritt den Umgang mit ihrer Angst durch Konfrontation. Bei einer Phobophobie gestaltet sich das natürlich etwas schwieriger. Sie lernen deshalb, Strategien für den Umgang mit ihrer Angst zu entwickeln. Ist die Angst die Folge einer anderen Angsterkrankung, wird zunächst diese behandelt.
In der kognitiven Verhaltenstherapie erlernen Betroffene Techniken, um ihre negativen Denkweisen in positive umzuwandeln. Dies soll dabei helfen, die Symptome der Angst besser zu bewältigen.
Medikamente kommen nur als Unterstützung einer therapeutischen Behandlung zum Einsatz. Gerade am Beginn der Therapie helfen sie, akute Symptome zu lindern.
Sie leiden unter Phobophobie und Ihre Angst ist so stark, dass Sie nicht zu einem Therapeuten vor Ort gehen möchten? Oder scheuen Sie sich vor einer Therapie, weil Sie glauben, mit Ihrer Angst nicht ernst genommen zu werden? Dann ist eine Online-Sprechstunde eine Alternative. Hier können Sie mit einem erfahrenen Therapeuten über Ihre Ängste sprechen.
Mittlerweile bieten auch zahlreiche Psychologen eine Online Beratung an. Es lohnt sich die Website von Therapeuten zu besuchen um nach zu sehen ob eine Online Beratung möglich ist.
Für alle, die sich vor dem Besuch beim Therapeuten fürchten, haben wir in unserem Selbsthilfe Ratgeber Artikel nützliche Tipps zur Überwindung von Therpeuten und Schamgefühlen zusammengestellt.
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Quellen:
- Phobophobia (Fear of Fear): Causes, Symptoms & Treatment – my.clevelandclinic.org
- Phobophobia: Definition, Treatment & More – Healthline
Autoren, Überprüfung und Gestaltung:
Autorin: Julia Dernbach
Medizinische Überprüfung: Thomas Hofmann
Einarbeitung und Gestaltung: Matthias Wiesmeier