Kairophobie
Viele Menschen haben Entscheidungsschwierigkeiten, die sich in Angstgefühle steigern können. Aus dem Zögern und Zweifeln kann sich eine regelrechte Angst vor Entscheidungen entwickeln: die Kairophobie. Dazu kommt die Angst, den idealen Zeitpunkt für etwas zu verpassen.
- Autorin: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 14. August 2022
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In der Psychologie bezieht sich der Begriff Kairophobie auf die Angst, eine Entscheidung zu treffen. Die richtige Entscheidung im richtigen Moment scheint ein unerreichbares Ideal zu sein. Aus dieser Situationsangst heraus können die Betroffenen in Panik geraten.
Wer unter Kairophobie leidet, kann in schwierigen Situationen in Schockstarre verfallen. Die Phobiker entscheiden sich womöglich gar nicht und lassen den Zufall oder andere Personen entscheiden. So entsteht aus den Entscheidungsschwierigkeiten eine Blockade, die zur Passivität führt.
Gegen die Angst vor Entscheidungen helfen Gedankenübungen und Entspannungstechniken. Abhängig von Schweregrad empfiehlt sich eine Verhaltenstherapie oder auch eine Hypnose-Therapie.
In der Antike galt Kairos als die Gottheit der richtigen Gelegenheit, bzw. des rechten Zeitpunkts. Dieser Gott wurde mit einer Locke an der Stirn und einem kahlen Hinterkopf dargestellt. Daher kommt der Spruch „Die Gelegenheit am Schopfe packen“: Wenn Kairos – die günstige Gelegenheit – vorbei ist, lässt sie sich nicht mehr zurückholen. In diesem Sinne bezeichnet die Kairophobie ein zögerliches Verhalten, das Entscheidungen vermeidet.

Ursachen & Merkmale
Oft reduzieren die Psychologen die Kairophobie auf eine soziale Angst, die in bestimmten Situationen eine Entscheidung vermeidet. So bildet sich bei den Angstpatienten eine starke Vermeidungshaltung.
In vielen Fällen sind intra-psychische Konflikte die Auslöser für das kairophobische Verhalten. Doch ein innerer Widerstreit der Gefühle ist von anderen Personen nicht zu erkennen.
Die Betroffenen haben Probleme mit der äußeren Entscheidungssituation, weil sie innerlich alles kritisieren und kommentieren. Die Gedanken drehen sich weiter und können schnell in die Irre führen. Um sich vor der inneren Unruhe zu schützen, weichen die Phobiker Entscheidungen aus und überlassen es anderen, zu bestimmen.
Das Vermeiden von beängstigenden Situationen kostet die Angstpatienten viel Kraft, zudem ziehen sie sich immer mehr zurück. Die Entscheidungshemmung verschlimmert sich, bis es zur Handlungsblockade kommt.
So gelangen die Betroffenen in einen Teufelskreis, in dem der eigene Antrieb immer schwächer wird. Denn Entscheidungen brauchen ein gewisses Training, sonst lässt die Entscheidungsfähigkeit nach.
Wer aus Bequemlichkeit vor Entscheidungen zurückweicht, schiebt oft andere Gründe vor. Erst einmal abwarten, die weiteren Dinge beobachten, das kann in einer unübersichtlichen Lage durchaus sinnvoll sein. Wenn die Vermeidung jedoch chronisch wird, verwandeln sich die Betroffenen in Mitläufer. Wer lieber andere bestimmen lässt, sollte sich bewusst machen, dass er mit der Zeit die Kontrolle über sein Leben verliert.
Der Unterschied zwischen Kairophobie und Decidophobie ist nicht immer eindeutig zu erkennen. Die Kairophobie bezieht sich grundsätzlich auf die Angst davor, Entscheidungen zu treffen – damit beinhaltet sie auch die Angst vor falschen Entscheidungen. Die Decidophobie führt zu Angstsymptomen, wenn eine Entscheidung ansteht, beispielsweise zu Bauchschmerzen, Herzrasen und Zittern. Beide Phobien werden oft als Angst vor Entscheidungen bezeichnet.

Wie Kairophobiker denken
Eine schwerwiegende Entscheidung hat oft weitreichende Folgen und eine entsprechend große Tragweite. Das kann im Privat- und Berufsleben zu Angstgefühlen führen.
Die Kairophobiker leiden unter Ängsten und einer gewissen Erwartungshaltung. Sie versuchen, Hoffnungen und Zweifel im Zaum zu halten. Durch die ängstlichen Gedanken fällt ihnen die Entscheidung besonders schwer.
- Bei jeder Entscheidung sind viele Alternative in Betracht zu ziehen.
- Wertekonflikte können das Problem erschweren.
- Die Folgen lassen sich nur schwer abschätzen.
Wie fällt die Entscheidung aus? Wer sich zu viele Gedanken über die möglichen Folgen macht, wird dadurch oft noch unsicherer. Auch die eigenen Prioritäten erschweren das Vorankommen. So verlieren die Angstpatienten ihr Ziel aus den Augen und wissen nicht mehr, was sie tun sollen.
Kairophobie im täglichen Leben
Die Angst löst eine starke Unentschlossenheit aus. Das wirkt sich negativ auf persönliche Entscheidungen und auch auf die berufliche Entwicklung aus.
In vielen Berufen ist schnelles Handeln gefragt, während Verzögerungstaktiken zu Problemen führen.
Das ständige Zögern lässt die Betroffenen schwach wirken, dadurch werden sie weniger respektiert. Dies verursacht womöglich Minderwertigkeitskomplexe.
Vermeintliche Entscheidungshilfen
Wer mit Entscheidungsangst kämpft, sucht oft nach mentalen Stützen. Einige Menschen vertrauen auf die Astrologie oder andere esoterische Hilfsmittel. Kartenlegen, der Blick in die Glaskugel – so etwas kann zielführend sein, wenn die Betroffenen daran glauben.
Im Grunde geht es jedoch darum, dass sie sich selbst mehr vertrauen. Daran zeigt sich, dass es oft mehr auf das Handeln ankommt als auf die Entscheidung.

Symptome
Bei der Kairophobie und Decidophobie kommt es vor Entscheidungen nicht nur zu inneren Gedankenstürmen, sondern auch zu körperlichen Symptomen:
Schon bei unwichtigen und alltäglichen, kleinen Entscheidungen können diese Symptome auftreten. Der Einkauf wird damit ebenso zum Problem wie die Urlaubsplanung.
Größere Entscheidungen im Job verursachen noch mehr innere Aufregung, sodass es zu einer regelrechten Panikattacke kommen kann.
Viele Betroffene einer Entscheidungsangst haben auch eine Angst vor Veränderungen.

Tipps für Entscheidungen
Wenn eine Entscheidung für ein ernsthaftes Problem ansteht, hilft es nicht, diese aufzuschieben. Besser ist es, das Problem zu zerlegen. Dies dient der Stressreduktion und hilft, Schritt für Schritt vorzugehen.
Im nachfolgenden geben wir hilfreiche Tipps um die Ängste zu überwinden.
Das ständige Aufschieben von Entscheidungen bringt niemanden weiter. Im Gegenteil, oft wächst das Problem dadurch noch an. Zudem erhöht sich der Druck, darum ist es besser, die Dinge frühzeitig zu entscheiden und das Ergebnis zu akzeptieren. Die Akzeptanz der eigenen Entscheidung ist ohnehin ein wichtiger Aspekt. Sie gibt den Betroffenen eine gewisse Sicherheit und schützt sie vor der Angst, etwas falsch zu machen.
Auch die Angst vor Entscheidungen lässt sich in Einzelteile zerlegen. Bei dieser Sichtweise wird deutlich, dass es nicht die Entscheidung ist, die Angst auslöst, sondern die möglichen Folgen – oder die verpassten Alternativen.
Eine andere Perspektive hilft dabei, die Entscheidungen leichter zu nehmen. Auch wenn die Sache an sich dringend und wichtig ist, lässt sie sich durch einen neuen Standpunkt oder einen gedanklichen Trick relativieren.
Die 10-10-10-Methode ist eine Möglichkeit: Welche Relevanz hat die Entscheidung in zehn Minuten, in zehn Monaten und in zehn Jahren?
Eine weitere Technik zielt darauf ab, die Angst zu hinterfragen. Was löst die Angstsymptome aus? Die nicht vorhersehbare Zukunft oder nur die Angst vor Verantwortung?
Wer die Wichtigkeit einer Entscheidung definieren möchte, sollte seine Ziele aufschreiben und einen Plan erstellen. So lassen sich die Prioritäten feststellen und vorantreiben. Nicht immer passt die erstbeste Entscheidung zu den eigenen Wünschen oder zu den aktuellen Plänen. Dann kann ein Aufschub der Entscheidung sinnvoll sein.
Entspannungstechniken
Um Entscheidungen möglichst entspannt anzugehen, bieten sich Mantras, Konzentrationstechniken und Achtsamkeitsübungen an. Dadurch wird der Kopf frei und die vielen Ideen und Angstgedanken verschwinden.
Sich einen Moment Zeit nehmen, zur Ruhe kommen – das erleichtert kleine und größere Entscheidungen.
In alltäglichen Entscheidungssituationen helfen Atemtechniken, bei wichtigen Entscheidungen empfiehlt es sich, darüber zu schlafen oder einen kleinen Urlaub zu machen.
Therapie-Ansätze
Viele Angstpatienten schaffen es nicht, das Vertrauen in sich selbst zu stärken und entspannter mit Entscheidungen umzugehen. In solchen Fällen helfen spezialisierte Therapeuten, die Angststörung zu bewältigen. Grundsätzlich lässt sich die Kairophobie recht gut behandeln.
Die Psychotherapie bietet mehrere Möglichkeiten. Unter anderem hat sich die Gesprächs- und Verhaltenstherapie als sehr wirksam erwiesen. Eine Hypnosetherapie kann alte Glaubenssätze auflösen, bestehende Konflikte analysieren und damit neuen Freiraum schaffen, um positive Denkmuster aufzubauen.
Im Rahmen einer Therapie lässt sich außerdem die Selbstorganisation verbessern. Auch Workshops für Persönlichkeitsentwicklung bieten solche Kursinhalte an.
Hilfe finden
Wer Hilfe gegen die Entscheidungsangst in Anspruch nehmen möchte, kann Psychologen sowohl persönlich besuchen, als auch über das Internet konsultieren.
Quellen:
- Wie kann ich meine Angst überwinden? – psychologie-einfach.de
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann