Angst vor Zahnbehandlung
Gründe für die Angst vor Zahnbehandlungen gibt es genug. Die sind je nach Behandlung meist auch unterschiedlich ausgeprägt. So ruft wohl eine Wurzelbehandlung größeres Unbehagen hervor als ein Routinecheck. Wir sehen uns die unterschiedlichen Zahnbehandlungen und deren Ängste etwas näher an. Außerdem geben wir Tipps wie die Angst vor einer Zahnarztbehandlung reduziert werden kann.
- Autor: Julia Dernbach
- Aktualisiert: 1. Juli 2022
Die Gründe für eine Angst vor Zahnbehandlungen können vielfältig sein. Größtenteils spielen die Schmerzen durch die Behandlung der Zähne die größte Rolle. Genauso möglich ist ein selbst erlebtes Trauma ist genauso eine Möglichkeit wie die negative Beeinflussung durch Erzählungen im Freundes- und Familienkreis. Manchmal liegt es aber auch am behandelnden Arzt, wenn dieser bei der Behandlung der Zähne deutlich zu starke schmerzen verursacht.
Der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde zu folge hatten 2011 rund 60 % der Bevölkerung Angst vorm Zahnarzt. 12 % gaben an, von starken Angstgefühlen betroffen zu sein, 27 % hatten „etwas Angst“ und rund 21 % ein wenig Angst.1Quelle | doi.org
Da die Angst vor Zahnbehandlungen so weit verbreitet ist, gibt es mittlerweile viele Zahnärzte, die auf den Umgang mit Angstpatienten spezialisiert sind. Betroffene können sich beispielsweise durch das Erlernen von Entspannungstechniken selbst helfen. Neben Verhaltenstipps rund um die Behandlung selbst können Psychotherapie oder die Einnahme von Medikamenten eine dauerhafte Erleichterung bringen.
Gründe der Angst
Eine Zahnarztphobie kann sich auf unterschiedlichsten Grundlagen entwickeln. Von traumatischen Erlebnissen über Schauergeschichten aus dem sozialen Umfeld bis hin zu dem Gefühl von Kontrollverlust.
Der erste Schritt auf dem Weg zur erfolgreichen Behandlung dieser Angst ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen.
Ein traumatisches Erlebnis, erlebt im Rahmen einer früheren Zahnbehandlung, kann sich ganz tief in die Psyche eingraben und dort kontinuierlich für Unruhe sorgen.
Wer nicht weiß, auf welche Art der Zahnbehandlung er sich einlässt, der ist natürlich besonders anfällig für die Herausbildung unterschiedlicher Phobien. Die Angst vor dem Unbekannten/Ungewissen ist bei vielen Menschen besonders stark ausgebildet.
Zahnbehandlung aufschieben?
Der vordergründigste Antrieb für einen Besuch beim Zahnarzt ist klarerweise die eigene Zahngesundheit. Ist im dentalen Bereich etwas nicht in Ordnung, hat dies allerdings Auswirkungen auf mehrere Bereiche und kann bis in den höchstpersönlichen und sozialen Alltag hineinwirken.
Körperliche Beeinträchtigungen
Wer jeden Tag von Zahnschmerzen gequält wird, dessen körperliches Wohlbefinden leidet stark. Die Schmerzen beschränken sich in der Regel nicht auf einen klar abgegrenzten Bereich, sondern strahlen in umliegende Gegenden aus.
Unbehandelte dentale Probleme können aber zu noch weitaus schwerwiegenderen Komplikationen führen. Dann nämlich, wenn sich Entzündungen auf den ganzen Körper ausbreiten. Dazu kommen Ablagerungen, die durch die Blutbahn wandern und sich an anderer Stelle festsetzen.
Psychische Beeinträchtigungen
Das Wissen um ein bestehendes gesundheitliches Problem und die Angst vor einer notwendigen Behandlung können in Kombination stark auf die Psyche schlagen. Betroffene verfallen in Depressionen oder depressionsartige Zustände.
Wenn an den Zähnen bereits deutliche Spuren zu sehen sind (starke Verfärbungen, Löcher, verfaulte Stellen…) führt dies oftmals dazu, dass sich die Betroffenen sozial völlig isolieren – was wiederum dem psychischen Allgemeinzustand abträglich ist.
Unangenehme Zahnbehandlungen
Unterschiedliche Zahnbehandlungen rufen unterschiedliche Befürchtungen hervor. Der Klassiker „Wurzelbehandlung“ gehört wohl zu den gefürchtetsten Dingen, die einen beim Zahnarzt erwarten können.
Ein Zahnimplantat zu bekommen ist allerdings auch kein kleiner Eingriff. Und zwingend groß müssen die Eingriffe gar nicht sein, um Angst zu verbreiten.
Auch die Zahnreinigung wird von vielen Menschen als unangenehm empfunden und deshalb aufgeschoben. Wir haben uns für Sie unterschiedliche Zahnbehandlungen etwas näher angesehen.
Denn wie wir ja wissen: Unwissenheit erhöht die Angst. Diesem Umstand möchten wir entgegenwirken.
Zahnersatz
Was vor einigen Jahren noch ein großer Eingriff war, hat sich dank des technologischen Fortschritts zu einer minimal invasiven Operation verwandelt. Die Vorgehensweise ist mittlerweile deutlich präziser, die Heilung verläuft viel schneller.
Nach erfolgter Implantation werden die Patienten einige Tage lang leichte Schmerzen haben. Das ist völlig normal, haben sie es im Falle eines Zahnimplantats doch mit einer frischen Wunde zu tun. Und die benötigt eben Zeit, um vollständig abzuheilen.
Wurzelbehandlung
Beim Wort „Wurzelbehandlung“ zucken viele Menschen vermutlich innerlich zusammen.
Der Eingriff steht im allgemeinen Sprachgebrauch stellvertretend für alle Unannehmlichkeiten, die einen beim Zahnarzt erwarten. Dabei läuft eine Wurzelbehandlung in den allermeisten Fällen völlig schmerzfrei ab. Unterteilt ist die Wurzelbehandlung in mehrere Schritte.
Röntgenbild
Zunächst fertigt der Arzt ein Röntgenbild des betroffenen Bereichs an. Damit verschafft er sich einen Überblick über den Status Quo. Wie viele Wurzeln hat der Zahn? Wie weit ist die Entzündung bereits fortgeschritten? Ist der Eingriff sinnvoll?
Betäubung
Nachdem eine örtliche Betäubung erfolgt ist, öffnet der Zahnarzt den Zahn, um die Nervenhöhle und die Wurzelkanäle erreichen zu können. Die müssen nämlich gereinigt, entzündetes und abgestorbenes Gewebe müssen gereinigt werden.
Auffüllung
Da am Ende die gereinigten Wurzelkanäle wieder aufgefüllt werden müssen, misst der Arzt diese Kanäle exakt aus, um auch wirklich genug Material für die Füllung bereitstellen zu können.
Säuberung
Mit feinen Instrumenten entfernt der Zahnarzt das entzündete und/oder abgestorbene Gewebe. Zudem reinigt er die Kanäle von Bakterien. Das komplette Wurzelkanalsystem wird mit mehreren Flüssigkeiten desinfiziert.
Füllung
Danach wird die Füllung eingesetzt. Darauf kommt eine weitere, dichte Kunststofffüllung, die verhindern soll, dass erneut Bakterien in die Wurzelkanäle eindringen.
Krone
Den Abschluss bildet die Montage einer Zahnkrone.
Hinweis zur Betäubung:
Hinsichtlich der Betäubung haben Patienten grundsätzlich zwei (oder eigentlich drei) Optionen. In den allermeisten Fällen kommt eine lokale Narkose zum Einsatz. In ganz besonders schweren Fällen – wenn die Entzündung also sehr stark ist – hilft die lokale Narkose aber meist auch nicht. Dann gibt es immer noch die Möglichkeit der Vollnarkose. Die dritte Möglichkeit ist die Behandlung komplett ohne Narkose. Davon raten die allermeisten Zahnärzte aber dringend ab.
Zahnreinigung
- Die professionelle Zahnreinigung – kurz PZR – läuft in der Regel völlig schmerzfrei ab.
Lediglich bei der Zahnsteinentfernung können leichte Schmerzen entstehen. Das ist dann der Fall, wenn die Zahnhälse des Patienten bereits frei liegen. Natürlich ist auch ein einfühlsames und ruhiges Händchen des behandelnden Arztes wichtig. In der Regel können die Ärzte bei Schmerzen hingewiesen werden, um noch etwas ruhiger zu werden.
Die PZR beginnt mit einer Anfärbung der Zähne. Die soll den Belag sichtbar machen. Mit einem Ultraschallgerät werden dann die groben Beläge und der Zahnstein entfernt, Verfärbungen verschwinden dank eines Pulver-Luft-Wasserstrahls. Darauf folgt die Reinigung der Zahnzwischenräume mittels besonders feiner Bürsten. Zum Abschluss werden die Zähne poliert und mit Fluor behandelt.
Parodontosebehandlung
Unter Parodontose wird umgangssprachlich der Zahnfleischschwund verstanden.
Das ist auch medizinisch gesehen korrekt, allerdings nicht vollständig. Denn offiziell ist die Parodontose der Schwund des Zahnhalteapparats. Und dazu zählen neben dem Zahnfleisch eben auch noch die Wurzelhaut und die Alveolarknochen.
Die Behandlung einer Parodontose ist in der Regel nicht mit Schmerzen verbunden, bedarf allerdings zumindest einer örtlichen Betäubung.
Ist die erfolgt, werden die Zahnfleischtaschen mit besonders feinen Instrumenten gereinigt. Zusätzlich werden jene Bakterien, welche die Parodontose hervorrufen, entweder mittels Ozon oder Spülungen abgetötet. Im Fall von besonders aggressiven Erregern kommt es manchmal auch zur Verschreibung von Antibiotika.
Wer zu große Angst vor Schmerzen oder der Behandlung an sich hat, der kann in einen Dämmerschlaft versetzt werden.
Kieferbehandlung
Die Kieferorthopädie umfasst alle Methoden, um die Fehlstellung von Zähnen und Kiefer zu verhindern, zu erkennen und zu behandeln.
Die mechanische Schließung von Zahnlücken gehört hier ebenso dazu wie das Geraderücken von schiefen, gekippten oder generell schlecht stehenden Zähnen. Die wohl bekannteste kieferorthopädische Maßnahme ist die Zahnspange.
Im Rahmen von kieferorthopädischen Behandlungen treten üblicherweise immer Schmerzen auf. Meist kommen diese in Wellenbewegungen. Auf relativ schmerzfreie Tage folgen wiederum Tage, die eine besondere Herausforderung darstellen.
Die gängigste Behandlungsform der auftretenden Schmerzen ist die Einnahme von Schmerzmitteln. Wer diese richtig dosiert und stets bei sich trägt, muss nicht lange mit den schmerzen durch Kieferbehandlungen zu kämpfen haben.
Es gibt auch alternative Ansätze wie beispielsweise eine Lasertherapie, Kaumuster-Änderungen oder kognitive Verhaltenstherapie. Deren Wirksamkeit ist aber (noch) nicht hinreichend belegt. Trotz möglicher Nebenwirkungen bleibt also das Schmerzmittel die erfolgversprechendste Möglichkeit.
Tipps gegen Zahnschmerzen
Die schmerzfreiste Zahnbehandlung ist eine Zahnbehandlung, die gar nicht erst durchgeführt werden muss. Das Zauberwort heißt also: Prophylaxe!
Jeder weiß, dass Zähneputzen wichtig ist. Und jeder hat eine ungefähre Vorstellung davon, wie die Zähne richtig geputzt werden. Vollständig ist dieses Wissen allerdings in den seltensten Fällen. Deshalb ist es ungemein wichtig, sich ausführlich zu informieren.
Der beste Ansprechpartner dafür ist und bleibt der Zahnarzt. Holen Sie sich deshalb einen Termin für ein Beratungsgespräch. Das muss gar nicht unbedingt im Rahmen einer konkreten Behandlung abgehalten werden. Ihr behandelnder Arzt nimmt sich gerne auch die Zeit, die notwendigen Techniken Punkt für Punkt in einem gesonderten Gespräch mit Ihnen durchzugehen.
Die Angst vorm Zahnarzt bzw. vor Zahnbehandlungen kann auch mittels einer Psychotherapie behandelt werden. Die Einnahme von bestimmten angstlösenden Medikamenten stellt eine weitere Möglichkeit dar. Weitere Tipps können Sie auch aus unserer Selbsthilfe für Angstpatienten entnehmen.
Schmerzen bei der Zahnbehandlung
Bei der Behandlung selbst können Entspannungstechniken oder Ablenkungen helfen. Legen Sie mit Ihrem Zahnarzt gemeinsam ein Stopp-Signal fest.
Lassen Sie sich – wenn Sie möchten – jeden einzelnen Schritt im Vorfeld erklären. Nehmen Sie immer das Angebot der lokalen Narkose in Anspruch.
Haben Sie trotzdem noch Angst, bleibt noch immer die Option einer Behandlung mit Lachgas oder einer Vollnarkose. Die sollte aber wirklich immer die allerletzte Möglichkeit bleiben und nur in aussichtslosen Situationen zum Einsatz kommen.
Passenden Zahnarzt finden
Gerade weil die Angst vor Zahnbehandlungen so derart weit verbreitet ist, gibt es viele Möglichkeiten, damit umgehen zu lernen oder sie im besten Fall komplett zu besiegen. Wichtig ist allerdings auch ein passender Zahnarzt mit entsprechend guten Händchen für Angstpatienten. Suchen Sie deshalb einen passenden Zahnarzt in Ihrer Umgebung.
Um Ihnen diese Suche zu erleichtern, arbeiten wir gerade an einer umfassenden Ärzte-Datenbank, welche auch Zahnärzte umfasst. Die ist allerdings noch nicht ganz fertig. Bis es so weit ist, dürfen wir Sie an dieser Stelle deshalb an die Kollegen von jameda.de verweisen.
Quellen:
- S3-Leitlinie (Langversion) Zahnbehandlungsangst beim Erwachsenen AWMF-Registernummer: 083-020 Stand: Oktober 2019 Gültig bis: Oktober 2024 – awmf.org
Inhalt wurde verfasst von: Julia Dernbach – Medizinisch überprüft von: Thomas Hofmann